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Inhaltsverzeichnis
Änderung der Ex und I bei hohen Ellipsen
Die AO-40 Endbahn ist erreicht
Spezielle Bahnstörungen bei Satelliten vom Typ PHASE-3D
1. Einführung
Wie wir in den vorhergehenden Abschnitten erfahren haben, verläuft eine Satellitenbahn nicht ungestört, deshalb müssen die wichtigsten Perturbationen bei der Bahnberechnung berücksichtigt werden. Diese sind
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die Änderung des RAAN durch die Präzession der Satellitenbahn, |
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die Apsidendrehung durch Änderung des Argument des Perigäums und |
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der Einfluss der Decay rate als Folge des Restluftwiderstandes und anderer Faktoren. |
Die genannten Beeinflussungen sind säkular, d.h. fortschreitend und daher rechnerisch gut zu erfassen. Dazu gesellen sich kurzperiodische Störungen, die nur für bestimmte Bahnabschnitte gelten und sich innerhalb eines Umlaufs wieder aufheben. Das sind z.B. Schwankungen der Inklination und des Radiusvektors.
2. Einflüsse anderer Himmelskörper
Weitere Ursachen für Bahnstörungen sind die Einwirkungen der Schwerefelder von Mond und Sonne sowie in geringerem Maße auch die von Planeten. Hierbei gibt es direkte Effekte auf den Satelliten durch die Anziehungskräfte sowie indirekte, z.B. infolge der durch Sonne und Mond hervorgerufenen Verformungen des Erdkörpers (Gezeiteneinfluss). Durch die Gezeiten entstehen Änderungen des Schwerefeldes der Erde, die sich ebenfalls in Bahnstörungen auswirken.
Der Strahlungsdruck der Sonne beeinflusst eine Satellitenbahn direkt, dazu kommen noch indirekte Einflüsse durch die von der Erde reflektierte Strahlung (Albedo-Effekt ), die bei einem Satelliten im Erdschatten natürlich nicht auftreten.
Diese genannten Störungen sind, wenn man jede einzeln betrachtet, sehr gering. Es können jedoch durch kumulative Effekte so erhebliche Beeinflussungen stattfinden, dass ein gestarteter Satellit vorzeitig verloren geht. Diese Effekte haben auch letztlich OSCAR 13 zum Absturz gebracht, während der ältere PHASE-3 Satellit "OSCAR 10" aufgrund seiner anderen Bahncharakteristik seine Erdumkreisungen noch für Jahrzehnte fortsetzen wird.
3. Änderung der Exzentrizität und der Inklination bei hohen Ellipsen
Die signifikantesten zusätzlichen Bahnstörungen bei Satelliten wie P-3D ( gilt nach [2] für alle Satelliten deren Große Halbachse größer als 3 Erdradien ist) , sind die Änderung der Exzentrizität und der Inklination der Bahn, hervorgerufen durch Sonne und Mond. Die Schwerkrafteinflüsse dieser Himmelskörper auf den Satelliten sind umso größer, je weiter ihn seine Bahn von der Erde wegführt. Während in Erdnähe die geringe Masse des Satelliten im Verhältnis zur Gesamtmasse der Erde vernachlässigbar ist, kommt es auf hohen Ellipsen zu dem Effekt, dass auf den Satelliten eigenständige Anziehungskräfte wirken mit dem Bestreben, die Bahn in die Länge zu ziehen und somit die Exzentrizität zu verändern. Änderungen der Inklination erfolgen, weil die Bahn in Richtung des jeweiligen Himmelskörpers "verbogen" wird. Der "Langzieheffekt" hat bei AO-13 z.B. bewirkt, dass sich Erde und Satellit im Perigäum immer näher kamen, und der Satellit dann in den Teufelskreis der Restatmosphäre geriet und verglühte.
Bei AO-40/Ps-E sind die Einflüsse von Sonne und Mond noch um den Faktor 3 höher als bei OSCAR 13 [vgl. 2], so dass besondere Maßnahmen getroffen werden müssen, um eine gewisse Langzeitstabilität [vgl. 2] der Bahn zu erreichen. Dazu hat OM Viktor Kudielka, OE1VKW, im Rahmen einer mathematischen Studie [3] Untersuchungen gemacht und dabei festgestellt, dass die Anfangsparameter einer Bahn einen erheblichen Einfluss auf die Stabilität haben, weil bei bestimmten Kombinationen von Argument des Perigäums und RAAN, fatale Resonanzeffekte auftreten. Als Ergebnis dieser Studie sollte AO-40 nach Durchlaufen der einzelnen Transferorbits die nachfolgenden, endgültigen Bahndaten erhalten:
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Inklination (i) : 63.4343 Grad |
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Exzentrizität (ex) : 0.6774378 |
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Argument d. Perigäums (Ap) : 315.00000 Grad |
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Mean Motion (MM) : 1.5000000 Orbits/Tag |
Wie aus der Inklination in Verbindung mit Formel 4 ersichtlich, hätte diese 16-Stunden-Bahn keine oder nur geringe Änderungen des Argument des Perigäums erfahren, Apogäum und Perigäum hätten sich daher in den Anfangsjahren des Satelliten nur unwesentlich verlagert. Aufgrund der Untersuchung von OM Kudielka, hatte man anstelle eines ursprünglich geplanten Ap von 225 Grad nun 315 Grad gewählt, weil bei diesem Anfangswert die Störglieder den kleinsten Wert erreichen und sich zum Teil sogar gegenseitig aufheben.
4. Die Endbahn
Die Realität hat uns eingeholt. Das soeben Geschilderte war die Planung. Wir wissen heute, dass AO-40 seine endgültige Bahn bereits erreicht hat, weil verschiedene Defekte im Satelliten eine weitere Bahnkorrektur verhindern.
In den nächsten 20 Jahren wird sich AO-40, wenn auch nicht betriebsfähig, auf einer stabilen Bahn bewegen, deren Inklination zwischen ca. 5° und 10.5° schwankt. Die Perigäumshöhe oszilliert zwischen den Werten von 810 und 1260 km, die Mean Motion wird sich säkular verringern und eine signifikante Änderung der Exzentrizität wird nicht erwartet.
[1] K. Meinzer, "A P3-D Orbit Alternative", AMSAT-DL J. , 03/91, 4.
[2] Notthof, Norbert, DF5DP, "Das Projekt Phase-3D", in CQ-DL 2/97 und 3/97f
[3] Kudielka,Viktor,OE1VKW, Drahanowski,Walter,OE1WDC, "Phase-3D- Feasability Study of Launch sequences and Orbits, Mai 1994, ÖVSV und RTU.
[4] Kudielka, Viktor,OE1VKW,"Unkorrigierte P3-D Bahnen: Perigäumslage 225 oder 315
Grad?", in AMSAT-DL Journal 4/94 S. 33ff.
[5] S. Eckart, "Orbit Stability", Proc. 2nd P3-D Experimenters Meeting , 05/91, 41-50.
[6] G. Solari und R. Viola, "M-HEO: The Optimal Satellite System for the Most Highly-Populated Regions of the Northern Hemisphere", ESA Bull. 70 , 05/92, 81-88.
[7] V. Kudielka, "Phase IIIC Orbit - Facts and Fiction", OSCAR NEWS , 97, 10/92, 41-42.
[8] M. Khan, "The Critically Inclined 16-Hour Orbit: An Unconventional Option for Improved Telecommunications on the Northern Hemisphere", mbp, Aerospace Dept. ,
09/93.
[9] W. Flury, "Summary of the First European Conference on Space Debris", Proc. 44th Cong. IAF , 10/93, IAA.6.3-93-741.
[10] V. Kudielka und W. Drahanowsky, "Phase 3D - Feasibility Study of Launch [11] Sequences and Orbits", AMSAT P3D Mission Analysis Project, ÖVSV/RTU , 05/94.
[12] V. Kudielka, "Balanced Earth Satellite Orbits", Celestial Mechanics and Dynamical Astronomy 60 , 12/94, 455-470.
[13] Manfred Maday, DC9ZP,"Spezielle Bahnstörungen bei Phase3-D", in AMSAT-DL Journal 3/1997
Spezielle Berechnungen für AO-40 werden hier fortgesetzt.
Bearbeitungstand dieser Seite : 13.07.10