Satellitenbahnverfolgung

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Inhaltsverzeichnis

Berechnungen zur Bahnverfolgung

 Das Koordinatensystem der Erde

Die Breitenkoordinaten des SSP

Bestimmung der geographischen Länge des SSP

AO-40 Fluglage und Squint

Satellitenbahnberechnung

Satellitensoftware

Satellitenliteratur

Aktuelle Bahndaten AO-40

Funkbetrieb

 

13. Berechnungen zur Bahnverfolgung

Für den Funkbetrieb über einen Satelliten muss die Bodenstation die Sende- und Empfangsantennen nach Richtung und Elevation in Echtzeit exakt nachführen. Der Satellit muss also "verfolgt" werden.  Dazu wird der Standort des Satelliten im Weltraum auf die Erdoberfläche abgelotet, damit der sogenannte Subsatellitenpunkt - SSP - ermittelt und danach von der Bodenstation aus  Richtung, Entfernung und Elevation bestimmt. Der SSP wird im geographischen Koordinatennetz der Erde nach den Regeln der sphärischen Trigonometrie berechnet. Aus den Koordinatenunterschieden zwischen dem QTH der Bodenstation und der Lage des SSP ergeben sich Azimut (Richtung) und Entfernung. Für die Berechnung der Elevation benötigt man zusätzlich den Betrag des Radiusvektors.

13.1 Das Koordinatensystem der Erde

Im geographischen Koordinatensystem der Erdoberfläche wird im internationalen Standard ( IAU=Internationale Astronomische Union ) wie folgt gerechnet:

Längengrade von 0° - 180° WEST mit negativem Vorzeichen
Längengrade von 0° - 180° OST ohne Vorzeichen
Breitengrade von 0° - 90°  NORD ohne Vorzeichen
Breitengrade von 0° - 90°  SÜD mit negativem Vorzeichen

 

Die geographische Länge des SSP kann auch in Grad WEST ausgedrückt werden, dabei werden von Greenwich (0° Länge) aus die Längengrade über Westen fortlaufend bis 360 Grad gezählt.

13.2 Die Breitenkoordinaten des SSP

13.2.1 Geozentrische – und geographische Breite

Die geographische Breite eines Ortes auf der Erdoberfläche gibt an, um welchen Winkel der lokale Horizont gegen die Erdachse geneigt ist. Sie ist aufgrund der Abplattung der Erde nicht identisch mit der geozentrischen Breite, die z.B. als Deklination von der Äquatorebene aus in Richtung Norden (+) oder Süden (-) als Winkel im Erdmittelpunkt gemessen wird. Da Satellitenprogramme meistens nur die geozentrische Breite ermitteln, gibt es Abweichungen von maximal 12 Bogenminuten vom wahren Ort, die bei höheren Genauigkeitsforderungen stören. Abb. 13 zeigt die Zusammenhänge zwischen geozentrischer - und geographischer Breite auf.

 

13.2.2 Rechengang zur geographischen Breite des SSP

Zu ihrer Berechnung wird neben der Inklination das sogenannte "Argument der Breite" - Formelzeichen m - benötigt. Das ist der Winkel vom EQX zum Satelliten und damit also die Summe von Argument des Perigäums und Wahrer Anomalie.

Formel 17:

                   

Die geozentrische Breite des SSP ergibt sich dann recht einfach aus der Inklination und dem Argument der Breite mit

Formel 18:

                    

 

mit einer genäherten Formel ergibt sich dann die geographische Breite auch mit :

Formel 18.1:

                   

 

13.3 Bestimmung der geographischen Länge des SSP

Mit Hilfe der Sternzeit (Sz) wird die geographische Länge berechnet. Die Sternzeit, englisch GHAA ( Greenwich Hour Angle Aries ) , ist der Winkel des Nullmeridians der Erde zum Frühlingspunkt. Setzt man sie in eine Gleichung ein, dann ergibt sich die geographische Länge des Subsatellitenpunktes über einen Zwischenwert mit

 

Formel 19:

                   

                   

13.3.1 Die Sternzeit

Als Sternzeit bezeichnet man den Winkel des Nullmeridians der Erde zum Frühlingspunkt des Himmelsgewölbes. Der Frühlingspunkt ist der Ursprung für die astronomischen Koordinaten Rektaszension und Deklination. Er liegt zur Zeit am Westrand des Sternbildes Fische und ist der Punkt an dem die Sonne zu Frühlingsbeginn den Himmelsäquator nach Norden überschreitet.

Der Sonnentag ist definiert als der Zeitabstand zwischen zwei Meridiandurchgängen der mittleren Sonne. Er beträgt, wie wir alle wissen, 24 Stunden. Der Sterntag dagegen ist der zeitliche Abstand zwischen zwei Kulminationen des Frühlingspunktes. Wie aus der Grafik  ersichtlich, ist der Sonnentag ca. 4 Minuten länger, weil die Erde sich im Laufe eines Tages um ca. 1 Grad auf Ihrer Bahn weiter bewegt und um die gleiche Stellung zur Sonne zu erreichen wie vorher, sich noch ein Stückchen weiter drehen muss. Im Vergleich zum unendlich entfernten Frühlingspunkt, wirkt sich die Bewegung der Erde jedoch nicht aus, so dass der Sterntag kürzer ist. Sternzeit und Sonnenzeit müssen daher zwangsläufig unterschiedlich sein obwohl beide ihren Ursprung in der Erddrehung haben.

Die folgenden Abbildungen stellen Einzelheiten des Sterntages heraus und zeigen die Sternzeit in Verbindung mit Greenwich.

 

Durch die Präzession der Erdachse verschiebt sich der Frühlingspunkt ^ um 50.29 Winkelsekunden pro Jahr in Richtung Westen. Der volle Umlauf des  ^ beträgt demnach 25850 Jahre - ein sog. Platonisches Jahr - und bewirkt u.a. die Verlagerung des Himmelspols vom derzeitigen Polarstern auf den Stern Wega in der Leier im Jahre 14000. Da sich demnach das Bezugsystem für die Sternzeit allmählich ändert, muss dies für genaue Berechnungen berücksichtigt werden.

13.3.2 Die einfache Berechnung der Sternzeit

Für die einfache und kurzfristige Berechnung reicht es aus, wenn man für einen bestimmten Tag um 0.00 UTC die Sternzeit aus einer der üblichen astronomischen Tabellen entnimmt und sie auf das gewünschte Datum / Uhrzeit umrechnet.

Da der tägliche Zuwachs der Sternzeit zur Zeit 360.9856474° beträgt, rechnet man mit

 

 

Dabei ist T die seit der Tabellensternzeit vergangene Zeit in Tagen. Stunden und Minuten sind als Tagteil auszudrücken. Vom Ergebnis müssen dann noch so lange 360° abgezogen werden bis der Wert zwischen 0 und 360 liegt.

Dazu ein Beispiel :

Die Sternzeit für den 1.1.1992 um 0.00 UTC beträgt 99.9062°, zu ermitteln ist die Sternzeit für den 12.01.1995 um 12.00 UTC.

Die ermittelte Tagesdifferenz zwischen beiden Daten beträgt 1108 Tage (2 Jahre * 365 Tage, 1 Schaltjahr (1992) = 366 Tage + 12 Tage in 1995). Der Tagteil für den 12.1.95 ist 0.5, es ist also zu rechnen mit

99.9062 + 1108.5 * 360.9856474 = 400252.496

Auf den Vollkreis reduziert mit Sz = FRAC (400252.496/360.0)*360.0

ergibt sich als Endergebnis: Die Sternzeit am 12.01.95 um 12.00 UTC beträgt 291.496 Grad.

Bei dieser Art von Berechnung werden allerdings die säkularen Änderungen noch nicht berücksichtigt.

Die genaue Berechnung der Sternzeit sowie die Berechnung der Richtung und Elevation einschließlich Programmbeispiel sind hier abgebildet.

Wird hier fortgesetzt.

Bearbeitungstand dieser Seite : 21.03.08