Ein Funkamateur? Was ist das ? |
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Von Klaus Dieter Koch, DF6DR |
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Es stimmt schon, das Wort klingt etwas geheimnisvoll. Viele von Ihnen haben es schon gehört oder von Funkamateuren, Radioamateuren oder ähnlichen Leuten gelesen, die irgend etwas Besonderes vollbracht haben. Wer aber - außer denen, die sich damit beschäftigen oder vielleicht beruflich damit zu tun haben - weiß wirklich Bescheid? Sicher, mancher hat so seine eigene Meinung darüber. Der eine stellt sich unter einem Funkamateur eine zwielichtige Gestalt vor, die nächtlicherweise Staatsgeheimnisse an fremde Agentenzentralen funkt, der andere hält ihn für einen harmlosen Mann, der aus Spaß am Hobby einen kleinen selbstgebauten Rundfunksender betreibt und damit seine Freunde in der Umgebung mit Pop Musik erfreut, der Dritte denkt sich, dass es wohl wie im Sport sei; hier gibt es ja auch neben den wenigen professionellen Aktiven auch die große Menge der Amateure. Warum soll es also neben den beruflichen Funkern nicht auch die Funkamateure geben? Aber alles das ist keine Erklärung dafür, was diese Leute wirklich sind. Muss man sich vor ihnen in acht nehmen oder sollte man sie unterstützen? Und das Wesentliche: Was tun sie eigentlich? Auch wenn Sie sich nicht für die drahtlose Nachrichtenübertragung interessieren, ja selbst dann, wenn Ihnen technische Dinge ein Buch mit sieben Siegeln ist, werden Sie Gewinn von diesem Artikel haben. Sie werden dann Bescheid wissen und mitreden können, wenn vom Amateurfunkdienst und von den Funkamateuren die Rede ist! Und Angst vor dem Fachchinesisch der Funkamateure oder gar mathematischen Formeln brauchen Sie nicht zu haben; die Dinge werden beim richtigen Namen genannt, und alles wird leicht verständlich geschildert. Wie alles anfing Kein Mensch wundert sich heute mehr darüber, dass wir nur den Knopf zu drücken brauchen, um aus dem Lautsprecher Musik oder Nachrichten zu hören, die in vielen hundert Kilometer Entfernung gespielt wird. Nur wenige können sich an die Zeit erinnern, als es noch keine Radios oder gar Fernseher gab und eine Nachricht telegraphisch oder durch das Telefon übermittelt werden musste oder durch einen Brief oder eine Postkarte oder - noch früher - sogar mittels Postkutsche oder durch einen reitenden Boten. Es ist sicherlich gut, manchmal daran zu denken, mit welchen einfachen Mitteln unsere Vorfahren einst arbeiten mussten, und wie sie sich dennoch die Kräfte der Natur untertan machten und durch überragende Erfindungen allmählich den Weg zum heutigen "Stand der Technik" bereiteten. Viele von Ihnen werden sagen, das sei doch schon sehr lange her und interessiere niemanden mehr. Aber gemach, erst im Jahre 1888 gelang es dem deutschen Physiker Heinrich Hertz zum ersten Male, elektronische Schwingungen zu erzeugen und in einiger Entfernung wieder zu empfangen. 1897 begann mit Marconi die Geschichte der "Telegraphie ohne Draht", an deren Entwicklung die deutschen Professoren Braun und Slaby sowie Graf Arco maßgeblich beteiligt waren. Es ist also durchaus möglich, dass manche der älteren unter uns sich an diese Zeit noch erinnern können. Das ist in wenigen Zeilen die Urgeschichte der professionellen ( oder, wie man heute sagt, "kommerziellen" ) drahtlosen Nachrichtenübertragung, die dann immer schneller weiterentwickelt wurde und uns heute, insbesondere durch die so genannte "Unterhaltungsindustrie" ( Rundfunk und Fernsehen ) so selbstverständlich erscheint, als wäre sie schon immer da gewesen. Die menschliche Wissbegierde Nun ist aber der Wissensdurst ( oder wie man auch sagen könnte, "die Neugierde" ) eine der elementarsten Eigenschaften des Menschen. Und immer, wenn etwas Neues bekannt wird, reizt es, dieses "Neue" näher kennen zu lernen und vielleicht sogar praktisch auszuprobieren. Es ist auch der Spieltrieb des Menschen daran beteiligt; denken Sie bitte an die vielen Väter, deren liebstes Spielzeug die elektrische Eisenbahn ihrer Kinder ist. Es ist klar, dass das Wunder des Funks, also der drahtlosen Nachrichtenübermittlung, viele so faszinierte, dass sie versuchten, selbst einen kleinen Sender und einen Empfänger zu bauen. Wenn es gelänge, könnten sie sich dann nach der Arbeit des Tages vom stillen Kämmerlein aus mit einem Freunde in der Nachbarschaft unterhalten - zunächst mit Hilfe der Morsetaste, viel später vielleicht sogar mittels eines Mikrofons. Ohne Verbindungsleitung, zu jeder Tages- und Nachtzeit und bei jedem Wetter. Und es gelang tatsächlich. Wenn man heute auf alten Bildern sieht, mit welchen Mitteln diese Geräte gebaut waren, dann kann man die größte Hochachtung vor den Erbauern nicht verhehlen. Es gab ja noch keine Bauteile zu kaufen und den Elektronikladen an der Ecke gab es ja auch noch nicht. Alles musste mit den eigenen Händen selbst hergestellt werden, aus den Mitteln, die gerade verfügbar waren. Außer den Röhren natürlich; aber die waren sündhaft teuer und für eine Privatperson kaum zu bekommen. Schon direkt nach dem Bekanntwerden der drahtlosen Telegraphie fanden sich in Amerika kleine Gruppen von Elektrotechnikern und technisch interessierten Laien zusammen, die es sich nicht nehmen ließen, auf diesem Wege einen kleinen privaten Funkverkehr zu organisieren. Bald folgten Gruppen in Frankreich und England. Sehr viel später, erst nach dem Ende des ersten Weltkrieges, wagten es einige ganz mutige Leute auch in Deutschland. Diese Personen waren wenn man so will die ersten " Funkamateure "; sie betrieben das Hobby Amateurfunk nicht eines Gewinnes wegen, sondern aus reiner Liebhaberei. Es können nicht zwei auf einem Stuhl sitzen In jenen ersten Tagen des Funkverkehrs arbeitete nun jeder auf einer Frequenz, die ihm gerade passte oder die ihm für sein Vorhaben gerade geeignet erschien. Und schon gab es Probleme. Denn es passierte, dass ein Funkamateur eine Frequenz benutzte, auf der eine kommerzielle oder staatliche Station zu arbeiten pflegte; es können aber nicht zwei auf einem Stuhl sitzen ohne sich gegenseitig zu stören. Diese erste Schwierigkeit wurde allerdings sehr bald beseitigt. Man einigte sich mit der zuständigen Telegraphenverwaltung - zuerst wieder in Amerika - , auf welchen Frequenzen die Funkamateure senden durften und auf welchen nicht. Die Überlegung, die die Verwaltungen dabei anstellten, war sehr einfach: Weil die kommerziellen Stationen auf sehr langen Wellen arbeiteten - und das war durch die damals angewandte Technik bedingt - überließ man kurzerhand den Funkamateuren die Frequenzen über 1500 kHz, das waren die Funkwellen unter 200 Meter Länge. Sie waren ja sowieso zu nichts nutze. Versuche mit so genannten untauglichen Wellen So ging das einige Jahre recht gut. Aber Sie wissen sicher, was ein Mensch so alles für sein Hobby tut. Die Funkamateure sagten sich: Was auf den langen Wellen geht, muss doch auch auf den kurzen Wellen gehen. Vielleicht muss man andere Methoden anwenden, und vielleicht sind die Ergebnisse anders; aber probieren kann nicht schaden. Und sie probierten, und es ging tatsächlich, vor allem als die ersten Elektronenröhren mehr und mehr verbessert den Weg in die Funkbuden der Funkamateure fanden. Die durch die Funkamateure mit ihren wirklich sehr bescheidenen Mitteln und geringen Leistungen ( meist weniger als 100 Watt ) überbrückten Entfernungen nahmen ständig zu, und schon träumten einige unentwegte Optimisten davon, auch das große Wasser zwischen der alten und der neuen Welt, den Atlantischen Ozean, zu überbrücken ( wohlgemerkt, auf den Frequenzen über 1500 kHz, die "zu nichts nutze" waren ). Die kommerziellen Großstationen taten es ja schon auf den langen Wellen, wenn auch mit sehr großen Mitteln und einem ungeheueren Aufwand an elektrischer Energie. Im Jahre 1921 begannen einige amerikanische und europäische Funkamateure mit gewissenhaften und gut vorbereiteten Versuchen, und es wurden tatsächlich Rufzeichen von Amerikanern in England gehört; aber ein zweiseitiger Verkehr gelang noch nicht. Immerhin hatte man bei diesen Versuchen den Eindruck gewonnen, dass die Frequenzen über 1500 kHz gar nicht so unbrauchbar waren, wie die Behörden das annahmen; ja sie schienen für den Fernverkehr sogar um so besser geeignet zu sein, je höher die Frequenzen waren. Und da geschah es: Am 27. November 1923 wurde die erste zweiseitige Funkverbindung auf kurzen Wellen zwischen zwei amerikanischen und einem französischen Funkamateur hergestellt, und zwar unter Berücksichtigung der bis dahin gewonnenen Erfahrungen auf einer Wellenlänge von etwa 110 Meter, das sind etwa 2700 kHz. Das war, was die Funkamateure damals noch nicht wussten, die Geburtsstunde der Kurzwellentechnik. Denn es stellte sich bald heraus, dass man auf den kurzen Wellen mit einem Bruchteil der Energie auskam, die die kommerziellen Großstationen auf den langen Wellen brauchten. Und die Funkamateure waren es, die diese Eigenschaft der Kurzwellen entdeckt hatten! Das große Rennen beginnt Man kann sich mit einiger Phantasie vorstellen, was passierte: Die "amtlichen" und "kommerziellen" Funkstellen prüften die Entdeckung der Funkamateure nach, gaben ihre Riesenstationen auf, siedelten sich auch auf den kurzen Wellen an und ersparten sich auf diese Weise Millionenbeträge. Und wieder gab es Krach: Wenn zwei Stationen auf der gleichen Frequenz loslegten, dann waren eben beide nicht mehr zu verstehen. Es musste unbedingt etwas getan werden, wenn man ein Chaos vermeiden wollte. Die Interessierten der Erde traten deshalb im Jahre 1927 zu einer Konferenz zusammen, besprachen die Sachlage und verteilten die Kurzen Wellen (das sind die Wellen von 100 Meter bis etwa 10 Meter herab) unter den staatlichen und kommerziellen Funkstellen und überließen den Funkamateuren mehrere schmale Bereiche in der Nähe von 160, 80, 40, 20 und 10 Meter Wellenlänge. Das Ergebnis dieser Konferenz wurde in einem schriftlichen internationalen Vertrag niedergeschrieben, der als Internationaler Fernmeldevertrag noch heute Gültigkeit hat. Der Amateurfunkdienst war amtlich anerkannt und als gleichberechtigter Funkdienst festgeschrieben. Ein Einzelner erreicht wenig Selbstverständlich war es bei solchen Verhandlungen notwendig, dass die Funkamateure als geschlossene Gruppe auftraten und Ihre Interessen verteidigten. In weiser Voraussicht hatten sich die amerikanischen kleinen Gruppen schon im Jahre 1915 zur ARRL (American Radio Relay League) zusammengeschlossen, die bei den ersten Verhandlungen nicht nur die Interessen der Funkamateure Amerikas, sondern auch aller anderen Länder vertraten. Und als es nun möglich war, nicht nur mit den Nachbarländern in telegraphische Verbindung zu treten, sondern sogar die Weltmeere - und kurze Zeit später sogar die größtmögliche Entfernung auf der Erde, zu unseren Antipoden - zu überbrücken, schlossen sich die schon bestehenden nationalen Verbände im Jahre 1925 zur IARU (Internationale Amateur Radio Union) zusammen, der internationalen Vereinigung aller Funkamateure der Welt. Und bei uns in Deutschland In Deutschland ging leider die Entwicklung nicht so glatt ab wie in Amerika. Die alten, nach dem ersten Weltkrieg noch gültigen Gesetze und Vorschriften sorgten schon dafür, dass Schwierigkeiten entstanden. Denn nach ihnen blieb allein dem Staat das Recht vorbehalten, Nachrichten zu befördern (Nachrichtenmonopol). Dies ist im Prinzip auch heute noch so; aber der Staat hat sich der Entwicklung angepasst und erteilt Lizenzen. So muss z.B. jeder Rundfunksender oder Fernsehsender eine staatliche Genehmigung haben, ehe er senden darf, ebenso jeder Polizei- oder Feuerwehrsender. Erst recht natürlich jeder Funkamateur! Wer ohne Lizenz (= Genehmigung) sendet, ist ein Schwarzsender und kann als solcher nach dem Gesetz streng bestraft werden. Darauf soll hier besonders hingewiesen werden. Elektrische Wellen kennen keine Grenzen, und man kann es dem Staat nicht verübeln, wenn er sich davor schützt, dass diese Eigenschaft der Funkwellen nicht für dunkle Zwecke und gegen den Staat missbraucht wird. Der Kampf ums Hobby Aber damals, nach dem ersten großen Krieg, gab es noch keinen Rundfunk und kein Fernsehen, und die drahtlose Telegraphie war nur wenigen Fachleuten bekannt. Was sollte also ein kleiner Telegraphenbeamter denken, als ein unbekümmerter Schüler in Berlin-Charlottenburg im Jahre 1919 die Genehmigung für eine Privatfunkanlage beantragte? Die Antwort auf diesen Antrag war dementsprechend und ist als denkwürdiges Dokument erhalten geblieben. Wie sich die deutschen Funkamateure nun mit zäher Geduld langsam die Möglichkeit verschafften, am internationalen Amateurfunkverkehr teilzunehmen, und wie sie schließlich von den Machthabern des Dritten Reiches drangsaliert wurden, das ist eine besondere Geschichte. Tatsache ist jedenfalls, dass sie ihr Schild unbefleckt halten konnten, indem sie reinen Amateurfunkverkehr machten und sich nie für politische Zwecke missbrauchen ließen. Auch nach dem zweiten Weltkrieg war es den deutschen Funkamateuren schwer gemacht, wieder von vorn anzufangen, während die anderen Länder dort weitermachen konnten, wo sie zu Kriegsbeginn aufgehört hatten. Einmal hinderte die Aufteilung des Landes in Zonen und das verständliche Misstrauen unserer ehemaligen Gegner, zum anderen schließlich der Zerfall des Reiches in zwei Staaten. Dass dennoch zunächst Verbände in den einzelnen Zonen gegründet werden konnten, die sich nach der Vereinigung der westlichen Zonen zum heutigen DARC (Deutscher Amateur-Radio-Club e.V.) zusammenschließen konnten, ist nicht nur der Standhaftigkeit der glücklich aus dem Krieg und der Gefangenschaft heimgekehrten "alten Hasen" zu danken, sondern auch der energischen Hilfe manches alten Funkfreundes aus dem Ausland, der in Deutschland als Soldat oder Beamter der Besatzungsmächte Dienst tun musste. Funkamateure juristisch gesehen Schon nach dieser knappen geschichtlichen Rückblende kann man erkennen, dass die Funkamateure beileibe keine schlechten Menschen sind und erst recht keine Verbrecher oder Spione, auch wenn in der ersten Zeit konservative Beamte der zuständigen Ämter sie dafür gehalten haben mochten. Im Gegenteil: Es handelt sich um Idealisten, die ihre letzte Mark hergeben, um mit der rasanten Entwicklung der Technik schritt zu halten. Und worüber unterhalten sie sich? Das Gesetz über den Amateurfunk definiert einen Funkamateur wie folgt: ".... Funkamateur ist, wer sich lediglich aus persönlicher Neigung und nicht in Verfolgung anderer, z.B. wirtschaftlicher oder politischer Zwecke mit Funktechnik und Funkbetrieb befasst." Weiterhin ist bestimmt, dass die gesendeten Texte sich auf technische Mitteilungen über die Versuche selbst sowie auf Bemerkungen persönlicher Art zu beschränken haben. Wer einmal bei einem Funkamateur zu Besuch war, oder mit einem geeigneten Empfänger dem Amateurfunk zugehört hat, der weiß, dass man sich über eine neue Antennenart stundenlang unterhalten kann, oder dass sich andere Stationen wochen-, ja monatelang, täglich zu vereinbarten Zeiten treffen, um die wechselnden Ausbreitungsbedingungen auf einer bestimmten Strecke zu studieren. Die persönlichen Bemerkungen treten aber auch nicht völlig in den Hintergrund. Sind sie es doch, die das Spiel so reizvoll machen. Mann trifft sich wieder, lernt die Lebensumstände des Gesprächspartners kennen, erzählt von der eigenen Familie und von der Stadt oder dem Dorf, in dem man lebt. Und wenn das dann über große Entfernungen geschieht und der Funkfreund am anderen Ende der Welt um einen Moment Pause bittet, weil er den Ofen schüren muss, da es nach Sonnenuntergang gleich sehr kalt werden wird, während wir gerade aus dem Bett geklettert sind - mitten im Hochsommer - und überlegen, ob wir ins Freibad schwimmen gehen sollen, dann spürt man das Flair der großen weiten Welt. Außerdem trägt der Funkamateur täglich, und das im wahrsten Sinne des Wortes, zur Völkerverständigung und damit zum Frieden auf der Erde bei! Weltweite Freundschaften Meiner Ansicht nach ist dieses Kennenlernen von fremden Völkern und anderen Lebensumständen, Sitten und Gebräuchen das Schönste von dem, was der Amateurfunkdienst uns schenkt. Wenn sich alle Völker auf diese Weise besser kennen und verstehen lernen, wenn sie gegenseitig Anteil nehmen an ihren Freuden und Ärgernissen und Freunde werden, dann ist für den Frieden auf der Welt mehr getan als durch noch so hochtrabende Reden, noch so geistreiche Reden, noch so pompöse Staatsbesuche, noch so "wichtige" Konferenzen. Das interessante dabei ist, dass sich die Elektromagnetischen Wellen den Teufel um Grenzen scheren, die Menschen aus irgendwelchen Gründen errichtet haben. Sie folgen den ewigen Naturgesetzen und gehen ohne Pass- und Zollkontrolle darüber hinweg. So ist es dem Funkamateur ohne weiteres möglich, mit jedem anderen der Erde in Verbindung zu treten, ganz gleich, ob ein persönlicher Besuch nur mit allergrößten Schwierigkeiten verbunden oder gar nicht möglich wäre. Hört man interessiert in die Amateurfunkbänder (das sind schmale Stücke im gesamten Kurzwellen- und Ultrakurzwellenbereich, die den Funkamateuren zugestanden worden sind) hinein, dann kann man Unterhaltungen zwischen Funkamateuren aus der Sowjetunion und Amerika, Schweden und Jugoslawien, Deutschland und China hören. Und alle sprechen freundschaftlich miteinander und entpuppen sich bei längerer Bekanntschaft als prächtige Menschen und teilweise ausgezeichnete Techniker und Fachleute. Wäre nicht allein das schon alle Mühen wert, die der Funkamateur auf sich nimmt? Hier zeigt sich übrigens, dass unser Hobby Auswirkungen hat, die man bei den anderen Liebhabereien nicht findet. Wenn ein stolzer Vater mit der elektrischen Eisenbahn seines Sohnes spielt, dann kann er wohl sagen: "Dieser Zug fährt von Dortmund nach Basel"; aber wenn die Fahrt zu Ende ist, dann ist die ganze Eisenbahn mitsamt den Bahnhöfen noch immer im gleichen Zimmer. Ruft dagegen ein Funkamateur eine Station mit einem australischen Rufzeichen, dann wird er wirklich in Australien gehört und kann sich mit seinem Freunde in fast 20 000 Kilometer Entfernung unterhalten! Ist es da zuviel gesagt, wenn man vom "Wunder des Funks" spricht? Katastrophenhilfe Es sei hier an dieser Stelle auf etwas anderes hingewiesen, und das ist wohl das, was der Allgemeinheit aus gelegentlichen Zeitungsberichten am besten bekannt ist: Die Hilfe in Notfällen, die Funkamateure gelegentlich leisten. Oft handelte es sich in der Vergangenheit um ein seltenes Medikament, das irgendwo auf der Erde dringend benötigt wurde. Man bewundert die Selbstlosigkeit der Funkamateure, die bei der Beschaffung solcher Medikamente oft erhebliche Mittel aufwendeten, fragt aber gleichzeitig: "Warum gehen die Leute nicht einfach in die nächste Apotheke oder zur nächsten Polizeidienststelle?" Richtig! Aber leider passieren solche Fälle immer in Gegenden, wo weder Apotheke noch Polizei zu erreichen sind. Und wenn, dann kann man von einer Apotheke im Regenwald von Brasilien nicht verlangen, dass sie jedes Spezialmittel der modernen Medizin aus Mitteleuropa vorrätig hat. Und die Polizei irgendwo im Urwald wird bestimmt das Ganze nicht verstehen. Medikamente allein sind es aber nicht, die den Wert einer dicht über alle Gebiete der Erde verbreiteten großen Zahl von gewandten Funkern erwiesen haben, die sich auch mit manchmal nicht üblichen Mitteln zu helfen wissen. Ebenso wichtig, ja noch umfassender ist die Hilfe, die Funkamateure in Katastrophenfällen leisten. Die amerikanischen Funkamateure berichten in ihrem Handbuch, dass seit 1913, also seit Beginn des Amateurfunks, in einigen hundert Fällen der Amateurfunk das einzige Mittel zu einer Verbindung mit Gebieten gewesen ist, in denen Stürme, Sturmfluten, Erdbeben oder andere Naturkatastrophen alle anderen öffentlichen Nachrichtenmittel vernichtet hatten. Wie vielen Menschen durch diesen selbstlosen Einsatz der Funkamateure das Leben oder die Gesundheit gerettet oder wenigstens Nachricht über das Schicksal von Angehörigen verschafft worden ist, wird nie bekannt werden. Wenn auch die deutschen Funkamateure wegen der Verständnislosigkeit der damaligen Behörden mit sehr großer Verspätung zum Zuge kamen und mitarbeiten durften, so konnten sie - abgesehen von Einzelfällen - doch schon spürbar Hilfe leisten. Ich erinnere nur an die großen Überschwemmungen in Holland, in der Po-Ebene und nicht zuletzt in Hamburg, außerdem an die schlimmen Erdbebenkatastrophen in Mexiko und Armenien wo deutsche THW - Helfer als Funkamateure im Einsatz waren. Funkamateure als Helfer der Wissenschaft Von der Öffentlichkeit unbemerkt haben gerade die deutschen Funkamateure etwa seit 1957 den wissenschaftlichen Instituten zur Erforschung der Physik der hohen Atmosphäre Aufsehen erregende Hilfsdienste geleistet. Erinnern möchte ich an das Internationale Geophysikalische Jahr (IGY), das im Jahre 1957 begann! Ein bekannter deutscher Forscher, der selbst Funkamateur ist, überlegte folgendes: Wenn man ein klares Bild von den Vorgängen in der Atmosphäre gewinnen will, ist es notwendig, eine riesige Zahl von Beobachtungsstationen möglichst gleichmäßig über den Erdball zu verteilen. (Sehen Sie sich ein Zeitungsbild mit der Lupe an, das ja aus sehr vielen kleinen - mehr oder weniger dicken - Punkten zusammengesetzt ist! Sie werden erkennen, dass ein solches Bild immer schärfer wird, aus je mehr Punkten es gebildet wird und je dichter diese Punkte zusammenstehen). Es wird Ihnen aber auch einleuchten, dass kein Institut auf der Erde das Geld, die Geräte und die ausgebildeten Beobachter hat, um ein solches Projekt durchzuführen. Da dachte der erwähnte Wissenschaftler an die Funkamateure - er kannte ja ihren Idealismus. Und Funkamateure gibt es überall auf der Erde, wenn sie auch nicht gerade so gleichmäßig verteilt sind, wie es wünschenswert wäre. Er verfasste einen Aufruf zur Mitarbeit, stellte verschiedene Aufgaben, von denen sich jeder die Aussuchen konnte, die mit seinen beruflichen Pflichten zeitlich in Einklang zu bringen waren. Und es meldeten sich eine ganze Anzahl, die dann länger als ein Jahr täglich zu einer bestimmten Stunde eine bestimmte Messung durchführten. Dass dazu teilweise spezielle Messgeräte gebaut werden und sekundengenau gearbeitet werden musste, sei nur am Rande erwähnt. Andere Funkamateure, die nicht regelmäßig Zeit hatten, beobachteten - wenn es gerade möglich war - ein bestimmtes Band und verfolgten mit der Uhr in der Hand jede Veränderung in den Ausbreitungsverhältnissen bestimmter Stationen. Sie wissen wahrscheinlich, dass die kurzen Wellen deswegen eine so große Reichweite haben, weil sie von den oberen Schichten der Atmosphäre (der Ionosphäre) reflektiert werden wie ein Lichtstrahl von einen Spiegel. Aber wissen Sie auch, dass sogar Nordlichterscheinungen und, ja man kann es kaum glauben, Sternschnuppenschauer, wie sie zu bestimmten Zeiten auftreten und von uns gesehen werden können, als Spiegel für die Kurzwellen wirken?
Über all diese Tatsachen hat die Wissenschaft während des Internationalen Geophysikalischen Jahres erstaunlich Dinge feststellen können, wozu die Funkamateure außerordentlich viele Einzel- und auch Reihenbeobachtungen
beigesteuert haben. Die Wissenschaft hat das anerkannt und besonders fleißigen Beobachtern wertvolle Diplome verliehen. Das Ohr am Herzschlag der Zeitgeschichte Da wir gerade von Beobachtungen sprechen: Eine ganz unerwartete Situation ergab sich nach dem überraschenden Start des sowjetischen künstlichen Erdsatelliten Sputnik 1. Kaum waren die ersten Nachrichten davon bekannt geworden, in denen sogar die Frequenzen der Satellitensender mitgeteilt wurden, stürzten die immer aufgeschlossenen Funkamateure an ihre Geräte und versuchten - oft durch kleine Umbauten der Empfänger - die Zeichen aus dem Weltall zu empfangen. Knisternde Spannung herrschte in den Funkbuden, und wenn dann wirklich das Piepsen des Satelliten zu hören war, dann fühlte jeder, dass er das Ohr am Pulsschlag des aufregendsten Geschehens unserer Zeit hatte. Inzwischen ist jeder neue Satellit schon zur Alltäglichkeit geworden. Aber gerade deswegen hat sich bei den Funkamateuren eine Beobachtungs- und Messtechnik eingeführt (so z.B. die Doppler-Messung), die zwar von den wissenschaftlichen Instituten zur genauen Bahnbestimmung eines Himmelskörpers schon seit einiger Zeit angewendet wird, die aber zur Kompensation von Ungenauigkeiten ebenfalls möglichst vieler Messstellen bedarf. Für solche Messungen sind allerdings schon erhebliche Kenntnisse und aufwendige Geräte notwendig. OSCAR und andere Amateurfunksatelliten Die Amateurfunkverbände der Welt bauen heute sogar schon eigene Satelliten, die ihren Belangen speziell dienen und die durch das Entgegenkommen der amerikanischen (NASA) sowie der sowjetischen Raumfahrtbehörde von einer "offiziellen" Rakete huckepack mitgenommen und im freien Raum abgestoßen werden. Es handelt sich um die OSCAR-Satelliten (Orbiting Satellite Carrying Amateur R adio) und um die Radiosputniks (RS). Damit werden aber nicht nur Messungen ausgeführt, sondern kleine Empfänger und ein ebenso kleiner Sender werden in eine Umlaufbahn gebracht, die so miteinander verbunden sind, dass der Sender ausstrahlt, was der Empfänger (auf einer anderen Frequenz ) empfängt. Das diese Frequenzen sinnvoll in den Amateurfunkbändern liegen, ist selbstverständlich. Sie arbeiten auf den UKW - Bändern von 2 Meter und 70 sowie 23 Zentimeter Wellenlänge. Wenn also ein Funkamateur seine UKW - Richtantenne auf den OSCAR richtet und in einem genau festgelegten Frequenzbereich einen Anruf startet, kann er auf einem anderen Bereich Antwort bekommen. Auf diese Weise ist es möglich, mit Ultrakurzwellen, deren Bodenreichweite ja begrenzt ist, Überseeverkehr zu machen. Das ist in sehr stark verkleinertem Maßstab das gleiche, was die Nachrichtensatelliten tun, die uns Telefongespräche und Fernsehsendungen von jeden Punkt der Erde in unsere gute Stube bringen.
Funkamateure gehen in die Luft Aber Raketen sind sehr teuer, und es ergibt sich nicht sehr oft die Gelegenheit, von der NASA oder von anderen staatlichen oder privaten Stellen die Mitnahme eines Amateurfunk - Satelliten zu erwirken; das ist aber verständlich. Deshalb sind einige Funkamateure auf den Gedanken gekommen, kleine UKW - Umsetzer (die ebenso wie die Satelliten oder die bekannten Fernsehumsetzer auf einer Frequenz abstrahlen, was sie auf einer anderen Frequenz aufnehmen) Freiballonen mitzugeben und mit deren Hilfe UKW - Amateurfunkverkehr über recht große Entfernungen durchzuführen. Dabei ergab sich übrigens eine neue Tatsache, nämlich dass die Ultrakurzwellen in verhältnismäßig geringer Höhe über dem Erdboden beim Durchdringen einer bestimmten Schicht für mehrere Sekunden völlig verschluckt werden (der so genannten Tropopausen - Effekt). Es ist selbstverständlich, dass die Wissenschaftler in der Welt an dieser Erscheinung sehr interessiert waren und ihre Ursache zu ergründen versuchten. Und wieder waren es die Funkamateure, die Hilfestellung leisteten und Beobachtungen anstellten. Ist dies alles? Wer wie Sie, lieber Leser, diesen Ausführungen bis hierher gefolgt ist, wird inzwischen erkannt haben, um was es sich bei dem Amateurfunkdienst handelt, und wird sicher seine bisherige Ansicht über die Funkamateure richtig stellen. Aber unser Hobby bietet noch viel mehr. Es gibt so viele Betätigungsfelder und Betätigungsmöglichkeiten, dass es unmöglich erscheint im Rahmen dieser Ausführungen alle aufzuzählen und einigermaßen ausführlich zu erläutern. Und jeder Funkamateur hat die Möglichkeit, sich auf jedem Gebiet zu betätigen, das ihm persönlich Spaß macht und wofür er sich am meisten interessiert. Es sollen hier wenigstens die bekanntesten davon genannt werden, die in der Öffentlichkeit am meisten in Erscheinung treten und von denen man gelegentlich auch in der Zeitung lesen, im Radio hören oder im Fernsehen sehen kann. Die Nur - Hörer Da gibt es zunächst eine Gruppe von Radioamateuren, die aus irgendwelchen Gründen keine Amateurfunklizenz erwerben wollen, sondern sich auf das Zuhören beschränken. Es sind durchaus nicht die Schlechtesten unter uns, und die Wissenschaft hat gerade ihrem steten und unermüdlichen Überwachen der Amateurfunkbänder sowie der Rundfunkbänder manchen aufschlussreichen Bericht über auftretende Unregelmäßigkeiten in den Ausbreitungsbedingungen zu verdanken. Jugendgruppen Dann aber gibt es eine Anzahl unter uns, die zunächst auch auf das Nur - Zuhören beschränkt ist, die aber bemüht bleibt, sobald als möglich die für eine Lizenzprüfung notwendigen Kenntnisse zu erwerben: Es sind unsere Jugendgruppen und auch die älteren Anfänger. Nur wer einmal erlebt hat, mit welchem Eifer gerade die Jüngsten unter uns ihre theoretischen und praktischen Kenntnisse zu erweitern trachten, der wird zu der Überzeugung kommen, dass es uns nicht an Nachwuchs in der großen Amateurfunkfamilie fehlen wird, und dass da eine Generation heranwächst, die wir bei der rasanten Ausweitung der Hochfrequenztechnik dringend notwendig brauchen werden, wenn wir immer auf den neuesten Stand der Technik bleiben wollen. Ausbildungskurse werden in den Ortsvereinen des Deutschen Amateur Radio Clubs (DARC) sowie in den Ortsverbänden des Verbandes der Funkamateure der Deutschen Bundespost (VFDB) und in einigen Volkshochschulen in Deutschland angeboten. Besonders hervorgetan hat sich auf diesem Gebiet die Volkshochschule Dortmund, die mit über 250 Amateurfunklizenzen einen besonders guten und beachtenswerten Ausbildungsstandard erreicht hat. Fuchsjagden Ein Gebiet, das gerade bei der Jugend sehr beliebt ist, führt den wohl merkwürdigen Namen "Fuchsjagd". Es ist dies ein Funkpeilwettkampf. Geschossen wird dabei nicht, wohl aber spielt sich dieser Zweig unseres Hobbys im freien Gelände ab. Irgendwo ist ein "Fuchs" versteckt, der - genau nach der Uhr - zu bestimmten Zeiten für einige Minuten auf einer bestimmten Frequenz zu hören ist und von den "Jägern" angepeilt werden muss. Wer dabei den Fuchs oder die Füchse in der kürzesten Zeit oder auf dem kürzesten Wege gefunden hat, ist Sieger und erhält meist einen wertvollen Preis. Es gibt Fuchsjagden zu Fuß (mit Geräten nicht viel größer als eine Zigarettenschachtel!), per Fahrrad oder mit dem Auto. Und das bringt uns auf einen anderen Zweig des Amateurfunkdienstes. Mobilbetrieb Was vor Jahren noch eine Sensation war, ist heute zu einer Selbstverständlichkeit geworden: Man kann kleine Amateurfunkstationen in sein Auto einbauen und mit einer Antenne arbeiten, die - wenn man es richtig anstellt - nur durch einen Fachmann von einer üblichen Autoantenne zu unterscheiden ist. Es kommt durchaus vor, dass man Funkamateure hört, die in den Straßenschluchten von New York mitten im Verkehrsgewühl vor einer roten Ampel eine kleine Unterhaltung mit einem Funkfreund im "alten Europa" haben, oder dass ein Funkamateur mit seinem Wohnmobil vom Kap der guten Hoffnung aus auf dem Wege nach Marokko ist und aus Tansania die ersten Reiseeindrücke in die Heimat übermittelt. Einen besonderen praktischen Wert haben diese "mobilen" Funkamateure bei Katastrophen. Es kann nämlich sein, dass in den betroffenen Gebieten die Stromversorgung total ausgefallen ist und infolgedessen die ortsfesten Funkamateure nicht arbeiten können. Dann bleibt aber die Mobilstation einsatzfähig, weil sie ja von der Wagenbatterie gespeist wird und somit vom Netz unabhängig ist. Außerdem besteht dann vielleicht die Möglichkeit das Auto an eine Stelle zu fahren, wo eine Nachrichtenverbindung zur "Außenwelt" besonders dringend gebraucht wird. Portabelbetrieb Sehr beliebt ist es auch, mit sehr kleinen tragbaren (portablen) Amateurfunkstationen ins Gelände zu gehen oder auf Berge zu steigen und von dort aus mit sehr kleinen Leistungen auf den dafür geeigneten Bändern Amateurfunkverkehr zu machen. Je kleiner die Geräte und die aufgewendete Leitung sind, desto interessanter ist das. Es klingt unwahrscheinlich, dass man auf den Ultrakurzwellen von einem geeigneten Standort aus mit wenigen Milliwatt (also wenigen Tausendstel Watt) 100 Kilometer und noch mehr einwandfrei überbrücken kann. Die Schreibtischlampe auf Ihrem Schreibtisch verbraucht vergleichsweise ca. 60 Watt! Blinde Funkamateure Eine besondere Teilnehmergruppe an unserem Hobby muss unbedingt erwähnt werden: Es sind dies die blinden Funkamateure. Wir können uns wohl alle nicht vorstellen, wie einem Menschen zu Mute ist, der sein Kostbarstes, sein Augenlicht, verloren hat. Manche von diesen blinden Funkamateuren haben entweder vor ihrer Erblindung die Amateurfunklizenz erworben oder sind nachher in mühevoller Arbeit von ihren sehenden Funkfreunden unterrichtet worden und konnten die Lizenzprüfung ablegen. Wir alle aber können uns sicher ein Bild davon machen, wie einem Blinden der Amateurfunk als das schönste Geschenk erscheint, weil er ihn wieder mit der Welt in Verbindung bringt. Ein ganz wichtiger Beitrag zur Rehabilitation in den Blindenschulen ist der Kurs, Vorbereitung auf die Amateurfunklizenzprüfung. Überseeverkehr und Diplome Eine sehr große Gruppe von Funkamateuren befasst sich fast ausschließlich mit dem Funkverkehr über sehr große Entfernungen, also bis zu 20 000 Kilometer, der größten auf der Erde darstellbaren Entfernung (dem halben Erdumfang). Man nennt diesen Punkt die Antipoden. Dieser DX-Verkehr - wie er genannt wird - bietet in der Tat Reize, die dem Amateurfunkverkehr innerhalb Deutschlands und Europa verschlossen bleiben müssen. Denn gerade hierbei kann man Menschen, Länder und Kulturen kennen lernen, von denen ein ahnungsloser Laie kaum den Namen kennt. Und hauptsächlich beim DX-Verkehr kann man die von Funkamateuren so begehrten Diplome erwerben, die dann den Wandschmuck der Funkbude bilden. Funkfernschreiben Dass man mit einem normalen Fernschreiber über weite Entfernungen auf Drahtleitungen fernschreiben kann, ist wohl allgemein bekannt. Dass das aber ohne Drahtverbindung per Funk auch möglich ist, ist seit einigen Jahrzehnten erprobt. Und dass dieses Funkfernschreiben mit Übersee (auch über Satelliten) ständig angewendet wird, ist natürlich ein Grund, dass es auch Funkamateure mit immer steigender Qualität betreiben. Es ist schon Reizvoll, dass, wenn man eine Buchstabentaste auf seinem Fernschreibgerät drückt, im fast gleichen Moment die Maschine des Partners (und natürlich die eigene) den Buchstaben wie eine normale Schreibmaschine auf das Papier druckt. Mechanische Fernschreiber für RTTY finden sich nur noch bei Liebhabern, die etwa ganze Buchstabenbilder per Funk austauschen. Ansonsten hat sich die Elektronik durchgesetzt. Sie erlaubt beim Senden komfortables Speichern von Texten sowie lautlosen Empfang verschiedenster Normen und Geschwindigkeiten und die Ausgabe der empfangenen Zeichen auf einen normalen Haushaltsfernseher oder den Ausdruck auf einen Drucker. Als neueste Spielart von Funkfernschreiben hat sich PACKET RADIO oder abgekürzt PR eingeführt. Mit diesem Medium können nicht nur Texte übermittelt werden, sondern auch Computerprogramme und Computerbilder. Die Übertragung erfolgt in digitalisierter Form. Hier werden vom Computer erzeugte binäre (also nur 0 und 1) Zahlen auf der Senderseite in Töne umgewandelt, diese gesendet und beim Empfänger wieder in Computerlesbare Signale zurückgewandelt. Im Unterschied zu RTTY, wo nur die reine, vom Absender geschriebene Nachricht ausgesendet wird, packt bei Packet Radio (PR) der Computer jeden Text in ein Paket, das aus drei bis vier Teilen besteht. Hierdurch ist es möglich, mehrere Verbindungen auf der gleichen Frequenz stattfinden zu lassen - der Computer sucht sich die für ihn bestimmten Pakete automatisch heraus. Und die Funkamateure betreiben nicht nur solch technisch komplizierte Formen der Nachrichtenübermittlung, sondern sie haben sich an die schwierigste Sparte der Nachrichtenübermittlung herangewagt, nämlich an das Fernsehen. Seien wir ehrlich: Wir alle bewundern den Erfindungsgeist des Menschen, wenn wir vor dem Fernseher sitzen und Ereignisse sehen und hören können, die sich in weiter Entfernung abspielen. Und bleiben wir ehrlich: wer von uns - außer den Fachleuten - versteht, wie das zugeht, und was die einzelnen Widerstände, Kondensatoren, Röhren und Transistoren in dem Gehäuse hinter der Mattscheibe leisten sollen und auch tatsächlich leisten? Es sind auch nur die fähigsten aus der ganzen Amateurfunkfamilie, die Amateurfunkfernsehen betreiben. Aber diese wenigen bauen sich auch den größten Teil ihrer Geräte selbst oder bauen alte kommerzielle Geräte für ihre speziellen Bedürfnisse um. Eine Besonderheit des Amateurfernsehens sei hier noch angesprochen: Es handelt sich um "Slow Scan Television" (SSTV) = Schmalbandfernsehen. SSTV dient der Übertragung von Standbildern in einen Sprechfunkkanal. Dadurch können auf der Kurzwelle mit Hilfe eines normalen Funkgerätes weltweit Bilder übertragen werden. In der Grundnorm benötigt ein Bild 8 Sekunden. Spezialisten übertragen weltweit auch schon Farbbilder, die dann ca. 24 Sekunden benötigen.
Erde - Mond - Erde Der Vollständigkeit halber soll noch von einem anderen Experiment die Rede sein, das überwiegend in Gruppen, aber auch schon von Einzelpersonen durchgeführt wird. Während des letzten Krieges wurde so nebenbei festgestellt, dass ein hochfrequentes Signal, das man auf sehr hohen Frequenzen mit einer guten Richtantenne in Richtung auf unseren Mond abstrahlte, von diesem reflektiert und wieder zur Erde zurückgestrahlt wurde. Wenn man einen sehr empfindlichen Empfänger benutzte - der Mond hat ja keine glatte und ebene Oberfläche wie ein Spiegel und reflektiert die auftreffende Funkwelle in alle möglichen Richtungen - konnte man das Signal nach einer Laufzeit von etwas mehr als zwei Sekunden wieder empfangen. Das verleitet natürlich besonders experimentierfreudige Funkamateure zu den Versuchen, den Mond von Europa aus mit elektromagnetischen Wellen "anzublasen" und den davon reflektierten Anteil in Amerika oder anderswo auf der Erde zu empfangen und umgekehrt. So kann man sich mit Hilfe des Mondes auf den Ultrakurzwellen über viele tausend Kilometer in reinem Amateurfunkverkehr verständigen. Viele dieser Experimente sind im zwei Meter-Band und auf dem 70 Zentimeter-Band gelungen. Es zeigt sich auch hier, dass die kürzeren Wellen besser geeignet waren als die längeren. Selbstverständlich ist der Aufwand bei solchen Experimenten sehr groß (Parabolspiegel oder gute Richtantennen, extrem empfindliche Empfänger, Nachführung der Antennenanlage entsprechend dem Lauf des Mondes usw.), so dass diese Anwendung relativ selten ist. Antennen, Antennen, Antennen Etwas, was man sicherlich das "Thema Nr. 1" bei Funkamateuren nennen könnte, ist der Aufbau einer leistungsfähigen Antenne. Immer wieder hört man auf den "Bändern", wie zwei Funkamateure über eine besonders wirkungsvolle Antennenkonstruktion diskutieren und sich bald mehr und mehr Interessenten mit Zwischenfragen und Anregungen an dieser Diskussion beteiligen. Es ist ja nicht immer leicht, von Hausbesitzern ohne weiteres die notwendige Genehmigung zum Erstellen von Antennenanlagen oder zum Aufhängen von Langdrahtantennen zu bekommen. Auf der anderen Seite aber kann mit um so weniger Energie um so mehr erreicht werden, je besser die Antenne ist. Hier bietet sich für jeden Haus- und Grundbesitzer Gelegenheit, durch verständnisvolles Eingehen auf die Wünsche des Funkamateurs auch einen Beitrag zu der Völker verbindenden Sache des Amateurfunks zu leisten! Über Technik sollte hier ja nicht gesprochen werden, wir wollen ja für alle verständlich bleiben. Aber vermutlich werden schon lange einzelne Leser die Frage auf den Lippen haben, ob die Funkamateure eigentlich mit Hilfe des Morsealphabets telegrafieren oder ob sie in ein Mikrofon sprechen wie beim Telefon. Diese Frage ist schnell beantwortet. Während in anderen Ländern die Telefonie schon recht früh angewendet wurde (und auch angewendet werden durfte), ist das bei uns in Deutschland erst nach dem letzten Kriege durch das "Gesetz über den Amateurfunk" vom 14. März 1949 gestattet worden. Das trotzdem bei der Lizenzprüfung bestimmte Fertigkeiten im Geben und Hören von Morsezeichen nachgewiesen werden müssen, wird von den Bestimmungen des Internationalen Fernmeldevertrag gefordert. Der Grund dafür ist der, dass man an die Möglichkeit der Katastrophenhilfe und die größere Reichweite der kleinen Amateurfunksender beim Telegraphieren gedacht hat. In der neueren Zeit sind die Bestimmungen dem Stand der Technik angepasst worden und gestatten es, eine Amateurfunklizenz ohne Morsekenntnisse, aber nur auf den Ultrakurzwellenbändern und mit einer eingeschränkten Ausgangsleistung von 75 Watt zu erwerben. Telefonie kann man übrigens auf verschiedene Arten machen, und es war erstaunlich, mit welchem Engagement die Funkamateure zu der "Einseitenbandmodulation" (übliche Abkürzung = SSB) übergegangen sind, die in der Reichweite der Telegraphie nahe kommt und außerdem viel weniger Platz auf den vollen Amateurfunkbändern belegt. Außerdem fallen bei Ihr die hässlichen Pfeiftöne weg, wenn ein Sender dem anderen in der Frequenz sehr nahe kommt, und die Verständlichkeit der Telefonie arg mindern können. Die SSB - Technik ist übrigens nicht einfach zu beherrschen; wenn also ein Funkamateur ein SSB -Gerät selbst baut, kann man vor ihm getrost den Hut ziehen.
Und wer kann das alles bezahlen? Noch eine Frage schwebt in der Luft: Wer kann denn das alles bezahlen? Es ist natürlich nicht billig, wenn man eine komplette SSB - Station mittlerer Leistung fertig im Laden kauft. Und auch wenn man alles selbst baut - vorausgesetzt, dass man die notwendigen technischen Kenntnisse besitzt - kosten doch schon allein die Bauteile für einen unbemittelten Anfänger ein kleines Vermögen. Das ist richtig! Aber hier sollte man einmal vernünftig denken: Wenn man ein Haus baut, fängt man ja auch nicht beim Dach und beim Außenputz an. Und genauso ist es in der Amateurfunktechnik. Beim Hausbau spuckt man zuerst einmal in die Hände und beginnt dann mit dem Ausschachten der Baugrube. Und wer ein wirklich gewandter Funkamateur und Hochfrequenzspezialist werden will, der sollte sich nicht scheuen und ganz klein (und ganz billig!!) anfangen. Auch der, der die Technik bisher sehr misstrauisch angesehen hat, wird einen Luftsprung tun, wenn das allerkleinste Versuchsgerät - beispielsweise ein Detektorempfänger - wirklich geht. Und - Sie werden es vermutlich zuerst nicht glauben - ein brauchbarer einfacher Amateurfunk - Geradeausempfänger (was dieser toller Ausdruck bedeutet, werden Sie dabei lernen) kann schon für 30.- bis 50.- € hergestellt werden, wenn man die richtigen Quellen für die Bauteile kennt. Und die große Befriedigung dabei ist, dass man alles mit eigenen Händen selbstgebaut und dabei gelernt hat, wie es funktioniert. Wer einige Zeit mit einem solchen einfachen Gerät in die Amateurfunkbänder hineingehört hat, hat dabei die Amateure und ihre Technik besser kennen gelernt, als sich hier mit wenigen Worten schildern lässt.
QSL-Karten Ist Ihnen bekannt, dass sich die Funkamateure jede erste Verbindung mit einem Partner durch eine so genannte QSL-Karte schriftlich bestätigen? Diese Karten werden nun nicht etwa durch die Post verschickt; das würde ja Unsummen an Porto kosten. Sie werden in jedem Lande einer Sammelstelle zugeleitet, die sie sortiert an die Amateurfunkvereinigungen der anderen Länder schickt und ebenso die eingehenden Karten über die Ortsverbände des eigenen Clubs dem Empfänger zustellt. Mancher Funkamateur befestigt diese Karten mit Reißzwecken an der Wand seiner Funkbude, schon allein um seine Leistungen ständig vor Augen zu haben. Darüber hinaus erspart er sogar noch eine besondere Amateurfunktapete. Die große Amateurfunkfamilie Dies war bis hierhin ein kurzer und wahrscheinlich nicht vollständiger Überblick über die Tätigkeit der so geheimnisvollen Funkamateure. Sie sehen, es sind (zumeist) brave Leute, die mit einem großen Idealismus und zäher Beharrlichkeit bemüht sind, in alle Geheimnisse einer der interessantesten und zukunftsträchtigsten Techniken unserer Zeit einzudringen. Sie kommen übrigens aus allen nur erdenklichen Berufen, angefangen beim regierenden König bis zum einfachsten Arbeiter, Männer und Frauen, Geistliche und Laien und Menschen jedes religiösen Bekenntnisses, jeder Hautfarbe und jeder politischen Meinung. Und alle sind eine große Familie! Jedem das Seine Viele von Ihnen, liebe Leser, werden sich sicherlich denken, all die vielen aufgezählten Gebiete kann doch unmöglich ein einzelner Mensch betreiben. Das stimmt durchaus; aber jeder kann sich auf dem Gebiet betätigen, das ihm Freude macht. Da gibt es Funkamateure, die das Entwerfen und Berechnen neuer Schaltungen lieben; wenn ein Gerät nach manchmal monatelanger Arbeit alle Wünsche voll und ganz erfüllt, dann wird es in der Praxis ausprobiert und dann wieder auseinander genommen und ein neuer Entwurf entsteht. Wieder andere sind froh, wenn ihre Station einwandfrei arbeitet, und haben dann ihren Spaß daran, sich mit Freunden fast täglich zu treffen und zu unterhalten. Manche begnügen sich mit Nahverkehrsverbindungen (Deutschland und Europa), andere sind DX-Leute, also Funkamateure, die Amateurfunkverkehr nach Übersee machen und möglichst große Entfernungen überbrücken und glücklich sind, wenn sie ein neues dünn besiedeltes Land oder eine kleine Insel oder eine wissenschaftliche Expedition am Südpol oder in Zentralafrika erreichen konnten. Fremdsprachen oder nicht? Hier taucht nun die Frage auf, in welcher Sprache sich die Funkamateure verständigen. Man kann wohl sagen, dass sich im Funkverkehr (ebenso wie in der Navigation und beim internationalen Flugverkehr) die englische Sprache als Weltsprache durchgesetzt hat. Man wird aber erstaunt sein, in den Amateurfunkbändern zu hören, in wie vielen Ländern auch - zum Teil sehr gut - deutsch gesprochen wird. Wer Wert auf die persönlicher wirkende Telefonie legt, wird gut daran tun, seine Sprachkenntnisse wieder etwas aufzufrischen. Französisch wird z.B. in sehr großen Teilen von Nord- und Zentralafrika gesprochen. Spanisch, das man ja nicht nur in Spanien spricht, sondern auch in Teilen Marokkos, auf den Philippinen und in ganz Südamerika (außer in Brasilien). Und was macht nun derjenige, der nicht das Glück hatte, in der Schule eine Fremdsprache zu erlernen? Er braucht sicherlich nicht zu verzagen; denn er kann sich mit vielen Funkfreunden auf der Welt auch in der deutschen Sprache unterhalten, er kann aber auch in Telegraphie arbeiten und sich dadurch mit jedem Funkamateur der Welt verständigen. Es gibt nämlich seit der allerersten Zeit des Funks verschiedene Code, die jedem zugänglich sind und auf der ganzen Welt die gleiche Bedeutung haben, wie z.B. den Q-Code oder die internationalen Amateurfunkabkürzungen. Dabei besteht jedes Wort nur aus einen Q und weiteren Buchstaben. Die Amateurfunkabkürzungen sind Buchstabengruppen die aus der englischen Sprache abgeleitet worden sind. Sie werden ebenso in der kommerziellen Telegraphie angewendet wie bei den Funkamateuren. Diese Codierung ist als "offene Sprache" allgemein anerkannt. Die Funkamateure dürfen nämlich nur offene Sprache oder die genannten Code benutzen; denn wer sollte wohl sonst bei den regionalen Funkstörungsmessstellen des Bundesamtes für für Post und Telekommunikation (BAPT) feststellen, ob sie Amateurfunkverkehr machen oder nicht? Jedenfalls ist es auf dieser Weise möglich, dass man sich ohne jegliche Sprachkenntnisse mit jedem anderen Funkamateur auf der Welt in Telegraphie recht gut verständigen kann. Schwarzsenden und seine Folgen An dieser Stelle muss aber mit großem Ernst und nachdrücklich darauf hingewiesen werden, dass es verboten ist, sich mit Hilfe von erworbenen technischen und betrieblichen Kenntnissen ohne Genehmigung der Lizenzbehörde einen Sender aufzubauen und in Betrieb zu nehmen. Das wäre Schwarzsenderei und kann streng bestraft werden. Und wenn es sich um das kleinste Senderchen handeln würde, das eben gerade eine abendliche Unterhaltung mit einem Freunde in einem Nachbarviertel ermöglichen soll -, niemand weiß, wie weit die Sendung tatsächlich zu hören ist; und die ständig, rund um die Uhr, besetzten regionalen Funkstörungsmessdienststellen des Bundesamtes für Post und Telekommunikation - haben hochempfindliche Peilempfänger und gute Ohren. Besonders auf der Ultrakurzwelle ist Schwarzsenden ohne ausreichende technische Kenntnisse sogar ausgesprochen gefährlich; denn wenn man dabei - was schon durch einen leichten Fingerdruck auf eine Abstimmspule geschehen kann - aus dem Amateurfunkband herausrutscht, kann es passieren, dass man den Flugsicherungsdienst stört und womöglich eine Flugzeugkatastrophe verursacht. Dann bleibt es nicht bei einer Strafe und Einzug der benutzten Geräte; dann kann man sich finanziell für das ganze Leben ruinieren und bekommt darüber hinaus nie eine Lizenz. Also, verehrter Leser, zuerst durch eine gediegene Ausbildung die Amateurfunklizenz bei dem Bundesamt für Post und Telekommunikation (BAPT) erwerben. Das schönste Hobby der Welt Zusammenfassend kann gesagt werden: Der Amateurfunk ist eine durchaus legitime und ernstzunehmende Sache. Er ist darüber hinaus das interessanteste und schönste Hobby, das wegen des Eindringens der Fernmeldetechnik in fast alle Gebiete des menschlichen Lebens auch jedem einzelnen beruflich von großem Nutzen sein kann. Er ist das einfachste und billigste Mittel, andere Länder, Völker, Sitten und Gebräuche kennen und verstehen zu lernen und Freunde in aller Welt zu gewinnen. Und - der Amateurfunk ist sicherlich das beste Mittel zur Erhaltung des Friedens auf der Erde - denn man spricht halt miteinander!
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Klaus Dieter Koch, DF6DR |