Endstufentest 

Ameritron AL-811 HXCE

© DC9ZP 2006-2010

 

 

Praxistest der AMERITON Endstufe AL 811 HXCE  mit 4 Röhren 811A

 

Röhrenendstufen für KW sind seit den Anfängen des Amateurfunks in Gebrauch und trotz leistungsfähiger Transistorlösungen (noch) nicht wegzudenken. Das hat verschiedene Gründe. Transistorendstufen benötigen - wenn man sie für 13,8 Volt auslegt - hohe Ströme und damit bei Leistungen um 600-700 Watt Netzteile, die bis zu 100 Ampere bereit stellen müssen, während Röhren mit Hochspannung arbeiten und einen relativ hohen Wirkungsgrad bei vernünftigem Aufwand erreichen. Transistorendstufen, die für höhere Spannungen ausgelegt sind und damit wirtschaftlicher arbeiten, kann man z.B. nicht über die Autobatterie betreiben. Sichtet man die Testberichte von Röhren- und Transistor PA in den einschlägigen Foren[1] so werden letztere durchweg als weniger leistungsfähig, thermisch anfällig und als zu teuer beurteilt. Der Vorteil von breitbandigen Transistor PA, dass Nutzer meist ohne manuelle Abstimmung auskommen, schlägt bei der Bewertung nur wenig zu Buche. Die meisten Funkamateure sind wohl zufriedener wenn sie an Köpfen drehen können und die volle Kontrolle über den Input und Output ihrer PA haben.

 

Bild 1: Vorderansicht der Endstufe. Oben rechts das Instrument für Gitterstrom, links davon das Instrument für Anodenstrom/Anodenspannung. Links oben der Bandschalter, darunter die Regler für den Anodenkreis. Die Schalter unten rechts: „Meter" schaltet zwischen Anodenstrom und Anodenspannungsanzeige um, „XMT" zwischen PA-Stand By und PA-Betrieb, „Power On/Off" die Netzspannung.

 

Die Gitter-Basis Endstufe

Die hier beschriebene Ameritron Endstufe AL-811HXCE[2] ist ein US-amerikanischer Vertreter der „Grounded Grid" Röhren-Endstufen, die als Typ seit Jahrzehnten quasi unverändert gebaut werden. Beim Öffnen des Gehäuses fühlte ich mich daher auch in meine Jugendzeit versetzt. Die Technik hat sich nicht wesentlich verändert, anfälligen elektronischen Schnickschnack gibt es nicht, lediglich die Gewinnung einer ALC-Spannung aus dem Input-Signal ist eine Anlehnung an den Zügelungsbedarf moderner Steuersender. Insgesamt beweist dies aber nur, dass solche Endstufen einen hohen Reifegrad haben, leicht zu beherrschen-, vielfach erprobt - und damit kaum noch zu verbessern sind. Auch Nebenaussendungen sind kein Problem. In den Foren[1] sind ernst zu nehmende Berichte darüber zu lesen, dass mit Betrieb der hier beschriebenen Röhren-PA die unerwünschten Aussendungen des TX geringer waren als vorher.

Die Endstufe leistet bei SSB 800 Watt PEP, bei CW 600 Watt und bei Dauerstrichaussendungen mit QSO-Länge (Rtty, FM) sollten 500 Watt nicht überschritten werden. Eine halbe Stunde lang kann man im Dauerstrich mit 400 Watt arbeiten, eine halbe Stunde mit Zweitonaussteuerung kann man sogar mit 650 Watt bestreiten.

Das Handbuch gibt aber sinnvollerweise für die wichtigsten Betriebsarten keinen Output- dafür aber maximale Gitter- und Anodenströme vor. Die empfohlene Ansteuerleistung ist 70 Watt, die maximal zulässige Ansteuerleistung beträgt 85 Watt, der für die Endstufe tödliche Bereich beginnt aber erst über 100 Watt. Man stellt also die ALC so ein, dass der Steuersender auf ca. 70 Watt gezügelt wird. Leider ergeben sich bei der ALC-Gewinnung (0 bis -12 V) durch die Endstufe unterschiedliche Werte für die einzelnen Bänder, so dass man einen mittleren Wert finden muss; mit einem ALC-Potentiometer an der Rückseite (Bild 2) der PA, stellt man diesen auf die Bedürfnisse des Steuersenders ein. Wer keinen TX mit ALC-Regelung hat oder die Regelung nicht nutzt, der muss vorsichtig sein und die Leistungsabgabe des TX vor Einschalten der Endstufe auf einen zulässigen Wert zu reduzieren. Nicht immer denkt man bei hektischer Betriebsamkeit an diesen Umstand, die ALC bewahrt also den Vergesslichen vor Schaden.

 

 

Bild 2: Rückansicht der Endstufe mit selbsterklärender Beschriftung. Rechts oben die Löcher zur Justierung des Eingangskreises, rechts daneben, der Regler für die ALC.

Die Anodenspannung liegt bei 1700 Volt, sie geht im Betrieb bis auf 1500 Volt zurück. Da die Endstufe für den europäischen Markt auf 240 Volt fest verdrahtet wird, ergeben sich hier jedoch Unterschiede je nach tatsächlicher Netzspannung. Bei 220 Volt Netzspannung fehlen ca. 160 Volt an der Anodenspannung. Da das deutsche Niederspannungsnetz in der Höhe schwankt, in der Regel aber bei 230 Volt liegt, fehlen also zumindest 80 Volt. Die Änderung auf 230 Volt oder 220 Volt ist jedoch möglich und im Handbuch beschrieben. Wer 240 Volt Netzspannung hat und auf 220 Volt schaltet, erhält eine Anodenspannung von ca. 1900 Volt, ein Trick der in den USA[1] weit verbreitet ist und dort in den 120 Volt Netzen angewendet wird. Eine Erhöhung der Anodenspannung bedeutet aber zusätzlichen Stress für Röhren und Hochspannungstransformator und ist daher nicht zu empfehlen. Das Handbuch warnt denn auch davor über 1800 Volt zu gehen. Ein Blick in das Netzteil erklärt warum: es sind vier Elkos 220 uF, a 450 Volt, in Reihe geschaltet, die maximale Spannung darf daher nur bei 1800 Volt liegen. Hier lohnt sich allenfalls eine Modifikation, die ich später noch beschreibe.

Anodenstrom und Spannung lassen sich mit dem linken Instrument (Bild 1) gut überwachen, man kann mit dem Schalter zwischen Spannung und Strom umschalten. Im praktischen Betrieb ist aber die Überwachung des Anodenstroms natürlich wichtiger als die ohnehin feststehende Spannung.

Die vier verwendeten Gitter-Basis-Trioden 811A sind stehend montiert (Bild 3), was thermisch günstiger ist als eine horizontale Anordnung. Ein Lüfter saugt Luft von außen an und leitet sie über Hochspannungstransformator und Röhren, der Austritt ist auf Höhe der Röhren auf der linken Seite, nur so wird ausreichend gekühlt. Notorische Nichtleser oder Nichtversteher von Betriebsanleitungen können aber die Gehäusehaube auch falsch herum aufsetzen und so die Kühlung dramatisch verschlechtern. Ein Hinweis steht zwar im Handbuch, aber nur unter den Auspackanweisungen nach Lieferung, weil die Haube im Auslieferungszustand nur lose aufgesetzt ist und die Röhren mit Packmaterial umhüllt sind, das entfernt werden muss. Sinnvoller wäre es, der Hersteller hätte entsprechende Markierungen am Gehäuse angebracht oder eine unterschiedliche Anordnung der Schraubenlöcher konstruiert damit die Haube zwangsweise richtig montiert wird.

Die 811A Trioden sind robust, aber wie alle Röhren dem Verschleiß unterworfen, der durch den Nutzer der Endstufe maßgeblich beeinflusst werden kann. Permanent hohe Gitterströme über 200 mA, und Anodenströme jenseits von 750 mA, bedeuten nicht nur Splattergefahr sondern auch den vorzeitigen Exitus für die Röhren. Ein Trost bleibt, die Röhren sind nicht sehr teuer, ein Exemplar kostet ca. 17-20 Euro [4][5], für doppelt gepaarte Röhren, also für 4 Röhren, die etwa die gleiche Kennlinie haben, muss man ca. 3 Euro pro Exemplar mehr ausgeben. Neben der Firma Svetlana[6] in St. Petersburg, werden die Röhren auch in Shuguang, China, von SINO gefertigt.

Wie auf Bild 3 gut zu sehen ist, hat AMERITRON eine besondere Platine zwischen den Röhren montiert, die Anordnung unterdrückt parasitäre Schwingungen im UKW-Bereich. Dieses „Suppressor Board" ist in älteren Endstufen der Firma noch nicht zu finden, kann aber nachgerüstet werden[1].

Modellpolitik

Die Endstufe ist anfangs für den US-Markt mit der Modellbezeichnung AL-811H gebaut worden, sie umfasste in dieser Version daher nur die Bänder von 160m bis 15m, weil höhere Leistungen auf 12 m und 10 m in den USA tabu sind.

Da Ameritron aber auch am weltweiten Absatz Interesse hat, gibt es ein Exportmodell mit der Bezeichnung AL-811 HX, wobei X, eXtended bedeutet, dieses umfasst also auch das 12 m und 10 m Band. Um dieser Modellpolitik die Krönung aufzusetzen, gibt es für den europäischen Markt das Modell AL-811HXCE, wobei CE für das gleichnamige, obligatorische Zeichen der EU steht. Das von mir im Fachhandel erstandene und hier beschriebene Modell deckt also den gesamten KW-Bereich ab und müsste per CE-Definition einstrahlungsfest und störstrahlungsarm sein. Ich habe nicht anderes feststellen können !

Betriebsanleitung

Das 13-seitige Handbuch mit Schaltplan und Stückliste kann man vor dem Kauf bei [3] herunterladen, es ist natürlich in Englisch. Ich erhielt mit der Lieferung der Endstufe zunächst nur die gedruckte US-Fassung der Internetversion, auf meine Nachfrage wurde durch den Fachhändler aber eine deutsche Übersetzung zugeschickt. Die Übersetzung ist etwas holprig und genau so lückenhaft wie das Original, dazu später mehr. Ob alle Händler eine Übersetzung anbieten ist fraglich, wer mit Englisch Probleme hat, sollte das vor dem Kauf klären. Ein deutsches Handbuch ist ohnehin obligatorisch, fehlt es, dann kann man den Artikel nach der Rechtsprechung, ohne an Fristen gebunden zu sein, dem Händler zurückgeben.

Technik und Abstimmung

Im Eingang und Ausgang der Endstufe werden jeweils PI-Netzwerke genutzt, das SWR zwischen TX und Inputkreis kann durch Löcher auf der Rückseite des Gehäuses mit einem Schraubenzieher, besser mit einem Kunststoffgriffel, über Spulen mit beweglichen Ferritkernen minimiert werden. Für jedes schaltbare Band bzw. Bandkombination ist solch eine Justiermöglichkeit vorgesehen. Ein Hinweis darauf findet sich im Handbuch leider nicht, man muss nach Entdecken der Justierungslöcher ( Bild 2) sich entweder selbst das Richtige denken oder die Informationen von anderer Stelle[1] holen; wer diesen Artikel liest, muss jedoch beides nicht mehr. Die Ferritkerne in den Spulen haben lustigerweise keine Schlitze sondern Inbusschrauben mit der Größe  ~M2. Da es dafür keinen Steckschlüssel aus Kunststoff gibt, habe ich ein Stück Epoxy-Leiterplatte so schmal geschliffen dass es passt und zudem das Kupfer entfernt. Damit geht es prima....

Die Justierung macht man zunächst bei mittlerem Output 300-400 Watt an einer Dummy-Load um einen definierten Zustand zu haben, man dreht solange am Spulenkern bis das SWR zwischen Steuersender und PA den untersten Wert erreicht. Da einige Bänder ( 20/30, 15/17, 12/10) zusammengefasst sind, muss man bei diesen bei der Justierung einen Mittelwert einstellen, der beiden gerecht wird oder für ein Band maximieren und für das andere den im TX eingebauten Tuner nutzen, so man ihn hat. Beim Betrieb stellt sich dann heraus, dass beim Anschluss an eine konkrete Antenne und vollem Output noch ein gewisser Nachregelungsbedarf besteht.

Bei Lieferung der Endstufe war das SWR auf einigen Bändern größer als 1:2.5 mit der Folge dass der TX bereits die Leistung reduzierte und der Output entsprechend enttäuschend war. Nach den bereits angesprochenen Recherchen und der Justierung stellte sich dann das Erfolgserlebnis ein. Noch einmal die Frage: warum steht das nicht in der Betriebsanleitung ?

Mit dem Ausgangs PI-Netzwerk lassen sich Antennen mit einem SWR bis zu 1:3 anpassen, ein Vorteil der Röhrentechnik, der in den meisten Fällen einen Tuner erspart. Schaltet man zwischen mehreren Antennen um, dann ist ein Tuner dennoch sinnvoll, denn das Eingangs-SWR ist auch abhängig vom Auskoppelzustand. Bei unterschiedlichen Antennen mit jeweils anderem SWR ergeben sich sonst also Werte, die ggf. eine neue Justierung des Eingangs PI-Filters erfordern. Mit dem Tuner wird für alle Antennen ein definierter Zustand erreicht und eine Nachregelung vermieden. Auch die Werte für die Abstimmung des Outputkreises bleiben so besser reproduzierbar.

Die einzelnen Bänder werden mit dem Schalter oben links in sechs Stufen (Bild 1) geschaltet, das 20m und 30m Band sowie das 15 m und 17 m Band sind zusammengefasst. Unter der letzten Schaltstufe „AUX" (auxiliary) versteckt sich die Erweiterung für 12m und 10m. Fein wäre es gewesen, der Hersteller oder Händler hätte beim Exportmodell das „AUX" in 12/10 geändert oder zumindest mit 12/10 überklebt. So beweist nur ein Aufkleber auf der Rückseite, dass es sich um das Exportmodell handelt.

Die Regler für die Drehkondensatoren „PLATE" und „LOAD" (Bild 1) lassen sich über Verniertriebe 1:6 feinfühlig und exakt bedienen, die einmal gefundenen Werte für die Abstimmung der PA lassen sich gut reproduzieren. Für die Abstimmung ist auf jeden Fall ein Wattmeter erforderlich, denn blindes Abstimmen nach maximalen Gitterstrom und Anodenstrom-Dip bedeutet nicht gleichzeitig auch den vollen Output. Bei bestimmten, ungünstigen Stellungen von LOAD und PLATE wird nahezu die gesamte Leistung intern so verheizt, dass weniger als 100 Watt herauskommen, ein Effekt der auch in [1] mehrfach beschrieben wurde und der umso wahrscheinlicher eintritt, je höher das SWR der angeschlossenen Antenne ist. Im Zuge der Abstimmung plötzlich fallender Output bei steigendem Anodenstrom ist ein Alarmzeichen. Auch hier vermeidet in der Regel ein Tuner, der aus Sicht der Endstufe für gleichbleibende Verhältnisse sorgt, Mehrdeutigkeiten bei der Tuningprozedur. Der Regler PLATE entspricht im übrigen dem Regler TUNE bei anderen Endstufenfabrikaten.

Damit man bei der Abstimmung des Ausgangskreises nicht im Dunkeln tappt, sind in der Betriebsanleitung Startwerte für die meisten Frequenzen für LOAD und PLATE vorgegeben, die in der Regel bei einer angepassten Antenne zutreffen. Man muss dann nur noch wenige Änderungen vornehmen.

Die für die eigenen Antenne(n) gefundenen Werte für LOAD und PLATE dokumentiert man am besten auf einem Aufkleber, der an übersichtlicher Stelle angebracht wird. Auch die Werte für die Tunereinstellungen werden ggf. hier erfasst. Mit dieser Hilfe wird der Bandwechsel erheblich beschleunigt, so dass Gelüste nach breitbandigen Transistorendstufen oder Automatikendstufen gar nicht erst aufkommen. Auch hier gilt, dass Übung den Abstimm-Meister macht und die Röhren geschont werden.

Modifikationen oder Verschlimmbesserung ?

Es gibt kein Gerät auf dem Markt, dass Funkamateure nicht verbessern oder zumindest verändern können. So findet man für die beschriebene Endstufe in [1] bevorzugt leistungssteigernde Hinweise. Neben dem Trick mit der Erhöhung der Anodenspannung wird dabei vor allem erwähnt, dass man die Röhren 811A durch 572B-Exemplare ersetzen kann. Die Röhre 572B hat bei gleichem Sockel und ähnlicher Charakteristik ( Tabelle 1) eine wesentlich höhere Verlustleistung, kann also stärker belastet werden, oder hält im Umkehrschluss bei gleicher Belastung länger als die 811A. Einen wesentlich höheren Output wird man nicht erwarten können, weil der Hochspannungstransformator nicht so viel Reserven hat, das ist im Sinne unserer Lizenzbestimmungen auch nicht erforderlich. Immerhin wird die Standfestigkeit der Endstufe dadurch verbessert. Ein Austausch der Röhren bietet sich nur dann an, wenn die Anfangsgarnitur der 811A nachlässt, was sicherlich erst nach Ablauf der gesetzlichen Garantiezeit der Fall sein wird. Die 572B (Svetlana) kostet allerdings bis zu 60 EURO das Stück[5], ob sich der Umstieg unter dieser Prämisse lohnt, muss überlegt sein.

Mechanik/HF-Bauteile

Die Endstufe ist aus dickem Blech mit massiven Verstrebungen gefertigt, erinnert mehr an ein Maschinenbauprodukt als an HF-Technik und wird in den US-Foren deshalb als „Tank" (Panzer) bezeichnet. Insgesamt macht sie mechanisch einen guten Eindruck. Das Gewicht von ca. 16 kg und der gesamte Aufbau (B35xH21xT39 cm) drücken aus, dass man bei der Herstellerfirma nicht unbedingt an den portablen Einsatz gedacht hat. Neben dem Heimbetrieb ist sie für Fielddays und OV-Stationen aber hervorragend geeignet, weil sie raue Behandlung gut verträgt.

Die verwendeten Bauteile der HF-Technik (Bild 3) sehen alle sehr zuverlässig aus, Kondensatoren in frequenzbestimmenden Kreisen sind ausschließlich aus Glimmer (Silver Mica) gefertigt.

Der Preis auf dem deutschen Markt beträgt etwa 1200 Euro, in den USA unter 1000 Dollar, da fragt man sich, wer vom Euro-Hoch profitiert.

Schwachstellen

Neben der lückenhaften Betriebsanleitung haben sich nach den Berichten in einschlägigen Foren im Betrieb die Gitterwiderstände (R19-R22, 51 Ohm, 2 Watt) als anfällig[1] herausgestellt, sie stellen einen gewissen Schutz der Röhren vor Übersteuerung dar, brennen dann durch oder ändern ihren Wert durch Überhitzung. Wenn der Output nachlässt, sollte man nach Schmorstellen in diesem Bereich suchen und die Widerstände jeweils durch 2 parallel geschaltete  durch Metallfilmexemplare 100 Ohm, 2 Watt von Reichelt[14] ersetzen. Bei normaler Benutzung der Endstufe passiert den Widerständen jedoch nichts.

Die auf dem „Suppressor Board" im Anodenkreis liegenden Widerstände 100 OHM 3 Watt zur Unterdrückung parasitärer Schwingungen sollen in einigen Fällen nach längerer Betriebsdauer im 10m Band entweder hochgegangen sein oder ihren Wert verändert haben. VK3KCG hat hierzu in[1] einige sinnvolle Modifikationen beschrieben. Er empfiehlt u.a. jeden Widerstand durch 3 parallel geschaltete Metallfilmwiderstände a 150 Ohm 2 Watt zu ersetzen und 3 Windungen Widerstandsdraht Cuprothal (R= 6 Ohm/m) darüber zuwickeln. Auch hier gilt, dass beim normalen Betrieb keine Probleme auftreten.

Die Endstufe ist im Originalzustand SEMI-BK fähig bis ca. 30 WPM. Das eingebaute Relais ist allerdings so laut, dass man entweder von geräuschlosem CW Abstand nehmen - oder auf Semi-BK verzichten muss. Für QSK-Fans gibt es von Ameritron ein Zusatzgerät (300 Dollar) mit der Bezeichnung QSK-5, das echten (leisen ?) QSK-Betrieb verspricht.

Die Lautstärke des Lüfters ist noch erträglich, wenn er auch wesentlich aufdringlicher als ein PC-Lüfter ist. Der Luftdurchsatz liegt bei 20 CFM ( 20 Kubikfuß/min = ca. 700 l/min), es dürfte kein Problem sein, den 8x8 Lüfter durch ein wesentlich leiseres Modell mit noch größerem Luftdurchsatz auszutauschen. Allerdings wird der Lüfter an einer der Anzapfungen der Primärwicklung des Hochspannungstransformators mit 120 Volt betrieben, ein 12 V Lüfter kann also nicht unmittelbar eingesetzt werden und es ist erst Bastelarbeit notwendig. Man kann aber auch einen 8x8cm 220 Volt Lüfter direkt an die Netzleitung anschließen. Im Handbuch wird davor gewarnt, außen am Luftaustritt einen zusätzlichen Lüfter anzubringen, der nicht mindestens den zweifachen Durchsatz, also 40 CFM hat.

Was bringt die Endstufe ?

Insgesamt bestätigen die Messwerte für den Output die Angaben des Handbuchs. Messungen für Oberwellen und Intermodulationsabstand etc. habe ich nicht gemacht, dies ist nach den in [1] und anderer Stelle gemachten Erfahrungen mit Endstufen dieses Typs auch nicht notwendig. Solange die Endstufe nicht übersteuert wird, liefert sie ein sauberes Signal. Wer die PA bis zum letzten ausreizen will, dem sei die permanente Überwachung des Signals mit einem geeigneten Oszillographen empfohlen. Für SSB kann man das Signal ggf. noch verbessern, wenn der Steuersender eine Umschaltmöglichkeit für den Betrieb in Klasse A bietet, was bei meinem FT-1000 MP Mark V der Fall ist. In diesem Fall wird die Endstufe mit ca. 50 Watt angesteuert und bringt dann einen sauberen Output von ca. 500 Watt PEP, was in den meisten Fällen ausreicht.

 

Bild 3: Endstufe von oben mit entfernter Haube.Gut zu sehen die Röhren mit den Anodenkappen, in deren Mitte das „Suppressor Board" zur Verhinderung von parasitären Schwingungen. Links unten sind die abstimmbaren roten Spulen des Eingangsnetzwerkes zu sehen. Unterhalb der Röhren am unteren Rand sitzen rechts und links die Gitterwiderstände und sind leicht auszutauschen.

Bei RTTY als Dauerstrichaussendung muss man die Ausgangsleistung eines TX um 50%, also auf 50 Watt drosseln. Da die Endstufe in RTTY bei 50 Watt Ansteuerung 500 Watt leistet, gewinnt man also zwei S-Stufen (10 dB), bei gleichzeitiger Schonung des TX. Mit dieser Leistung kann man im DX-Verkehr gut mithalten.

Bei SSB sieht die Bilanz nicht viel anders aus. Aus vorher 100 Watt PEP werden bei voller Aussteuerung mindestens legale 750 Watt PEP, ein Gewinn von ca. 9 dB und für den Durchbruch beim Pile-Up ein wichtiger Beitrag.

Bei CW ergibt sich ein Aufwuchs von 100 Watt auf 600 Watt und somit ein Gewinn von 7.5 dB. Das sind zwar nur 1.5 S-Stufen, sie bedeuten bei CW aber, dass man jetzt gehört wird, wo man vorher im Rauschen lag.

Bei Aussendungen mit einem Duty-Cycle von 100% profitiert man demnach am meisten von der beschriebenen Endstufe.

Die Kosten von QRO

Die Gesamtkosten einer Leistungserhöhung darf man nicht unterschätzen. Es ist nicht nur mit dem Kauf der Endstufe getan. Wer bisher seine Antennen für 100 Watt ausgelegt hat, stellt dann natürlich fest, dass u.a. Antennenbauteile und ggf. Automatiktuner im Zusammenhang mit der Endstufe nicht mehr verwendbar sind. Es müssen dann höher belastbare Tuner und BALUN[11] oder gar Antennen neu beschafft werden. Man kann zwar alles über die „Funkbörse" verkaufen, Verluste sind jedoch nicht zu vermeiden. Ob damit die Leistungserhöhung finanziell verkraftbar ist, muss jeder selbst entscheiden, reizvoll ist sie allemal.

 

Tabelle 1:Daten der Röhren 811A und 572B[9]

ICAS-AB2 Betrieb

572B

811A

Anodenspannung (Ua)

2400 V

1500 V

Anodenverlustleistung (Pa)

160 Watt

65 Watt

Anodenstrom (Ia)

250 mA

175 mA

Gitterstrom (Ig)

50 mA

50 mA

Leistung (Pout)

300 Watt

160 Watt

Heizspannung (Uh)

6,3 Volt

6,3 Volt

Heizstrom (Ih)

4,0 A

4,0 A

Eingangskapazität (Cin)

5.9 pF

5.9 pF

Ausgangskapazität (Cout)

0,8 pF

0,7 pF

C Anode-Gitter (Cag)

6,0 pF

5,6 pF

Frequenz (fMax)

30 MHz

100 MHz

 

Erkenntnisse nach mehrjährigem Betrieb 

Zunächst habe ich die nach 2 Jahren verschlissenen Röhren 811A, durch vier 572B ersetzt. Die Kosten für 4 gepaarte Röhren betrugen ca. 240 Euro[4]. Dazu habe ich die Anodenspannung durch Verdrahten des HV-Trafos auf  220 Volt, bis auf 1800 Volt erhöht[12]. Der Output bei Vollaussteuerung stieg dabei von 600 Watt vorher, auf nun 750 Watt. Die Spannungsdifferenz zwischen Leerlauf-Ua und Ua bei Vollaussteuerung beträgt 300 Volt.  

Daraus berechnet sich die PEP-Leistung nach der Formel: (Ua1/Ua2)2 * P. Setzt man für Ua1 die Leerlaufanodenspannung (1800 V), für Ua2  die Spannung bei Vollaussteuerung( 1500 V) und  für P die Leistung bei Dauerträgeraussendung (750 Watt) ein, dann ergibt sich eine PEP-Leistung von 1080 Watt. Bei SSB muss daher die Ansteuerung etwas zurückgenommen werden, um die Bestimmungen einzuhalten. Der PEP-Wert liegt generell höher als beim Dauerträger, weil die Leistung bei schnellen SSB-Sprachspitzen überwiegend aus den mit der Leerlaufspannung aufgeladenen Kondensatorbank genährt wird. Eine weitere Leistungssteigerung kann man nur noch durch Erhöhen der Anodenspannung auf ca. 2000 Volt erzielen, muss dann aber so wie ich, den antennenseitigen Drehko gegen ein Exemplar mit ca. 1mm Plattenabstand austauschen und die Spannungsfestigkeit des Netzteils erhöhen sowie den HV-Trafo austauschen oder die Spannung von einem externen Netzteil holen. 

Durch die etwas höhere Leistung bedingt, habe ich einen neuen Lüfter 9x9cm mit ca. 58 m3/h eingebaut, der neben dem höheren Luftdurchsatz noch wesentlich leiser ist  als der Originallüfter. Das Verfahren der Gewinnung der 12 Volt Versorgungsspannung für den Lüfter aus Teilen der Netzspannung,  ist durch DF2QZ in [13] beschrieben.  Man darf dabei aber nicht den negativen Pol der gewonnenen Spannung mit Masse verbinden, dann knallt es....

Der Austausch der Röhren war insgesamt unproblematisch.  Berichte, dass eine Nachstellung der Neutralisation erforderlich ist, kann ich nicht bestätigen.

Der neueste Stand

Auch die 872B-Röhren sind mittlerweile verschlissen, wahrscheinlich durch einen Hochspannungsüberschlag (Glitch) in einer der Röhren starb nicht nur die eine, sondern es wurden alle vier in Mitleidenschaft gezogen.  Ursache war wohl auch ein Versagen des antennenseitigen Drehko, er schlug durch, weil er auf Rand genäht ist. Um die negativen Folgen der HV-Überschläge zu vermeiden und auch noch weitere Schwachstellen zu beseitigen, habe ich der PA einen Umbau mit dem Ziel verpasst, die  Betriebssicherheit  weiter zu erhöhen. Die Unterschiede zum Original kann man in den folgenden Draufsichten feststellen.

 

Original oben und Umbau unten

Insgesamt habe ich folgende Änderungen (Stand Dezember 2009) vorgenommen:

1.    Einige Widerstände R8, R9, R19-22 erneuert und durch belastbarere Metallfilmwiderstände ersetzt, da diese durch den Glitch entweder defekt - oder angeschlagen waren.

2.    Antennenseitigen Drehko durch ein besseres Exemplar mit größeren Plattenabstand und mehr Kapazität (1200 pf) ersetzt.

3.    Große Luftspule (80m/160m) durch zwei gestockte  Ringkerne T-225-A mit 26 Windungen ca.  17 uH ersetzt. Anzapfung für 80 m bei Windung 15 = 5 uH. Damit ist die Enge in der PA beseitigt und dadurch die Wirbelstromverluste reduziert.

4.    Abblockkondensator durch ein besseres Exemplar mit 10KV Spannungsfestigkeit und einem Wert von 2200 pf ersetzt.

5.    Eine HV-Sicherung 2A und einen Widerstand 33 OHM ( 17 Watt) in die Anodenzuleitung eingebaut, damit beim Hochspannungsüberschlag in einer Röhre  nicht alle Röhren zerstört werden. Der Widerstand reduziert den bei einem Glitch auftretenden Stromstoß auf einen ungefährlichen Wert, außerdem spricht die Sicherung an.

6. Einen Elko mit 390 uF, 450 Volt (Siemens) in das Netzteil in Serie mit den vorhandenen vier eingefügt und damit die Spannungsfestigkeit auf insgesamt 2250Volt erhöht.  

7. Einen Einschaltstrombegrenzer eingebaut, weil beim Einschalten der PA öfter mal die Haussicherung auslöste. Außerdem werden die Heizfäden der Röhren durch den verzögerten Anlauf geschont.

8. Neue Röhren (811A) eingebaut.

 

Fazit nach dem Umbau : 

Die PA ist jetzt gegen Bedienungsfehler und Fehlfunktionen weitgehend abgesichert und läuft problemlos.

Literatur/Fundstellen

[1] Testberichte/Forum EHAM.NET (USA): http://www.eham.net

[2] Ameritron: http://www.ameritron.com/products.php?prodid=AL-811HXCE

[3] Download Handbuch: http://www.ameritron.com/man/pdf/AL-811HXCE.pdf

[4] http://tubeampdoctor.shop-in-worms.net/index.php

[5] http://www.roehrenshop24.de/index.html?roehren_svetlana.htm

[6] Svetlana, St. Petersburg: http://www.svetlana-tubes.com/

[7] Alles über Röhren: http://www.hts-homepage.de/HTS-Links.html

[8] Röhrenglossar: http://www.ginko.de/user/franz.hamberger/roehren/inhalt.html

[9] Datenblätter Röhren: http://www.ginko.de/user/franz.hamberger/roehren/index.html#TOC

[10] Gitter-Basis-Endstufe selbst bauen: http://www.janson-soft.de/seminare/dh7uaf/dk3qvpa.htm

[12] Siehe Handbuch Ameritron PA , Seite 4.

[13] Braun.H.,DF2QZ, „Einbau eines leiseren Lüfters in die Endstufe AL-811 HXCE“ in FA Heft 1/2006 S. 69.  

[14] www.reichelt.de

 

Bearbeitungstand dieser Seite : 31.07.10