22 Tage als Operator an WM-Sonderstationen – Ein besonderes Erlebnis

Ich freute mich und fieberte dem Beginn der Aktivitäten als Berliner Operator von DR2006D und DQ2006D entgegen.
WAG-erfahren, DX-erprobt, Betriebshandbuch verinnerlicht und das auf Herz und Nieren mit eingegebenen Fantasie-Calls getestete 
HAM Office-Spezial
 Logprogramm auf optimalen Betrieb (nur Rufzeicheneingabe geöffnet) konfiguriert.

Das Erlebnis eines angekündigten Pile-Up, das sonst nur wenige weitgereiste DXpeditionäre erleben dürfen, konnte kommen.
Es gab Grundsätze, die ich mir vorher aufstellte:
-  Viel auf 80 m und 40 m in SSB, um deutschen Stationen und denen aus
    den Nachbarländern einen schnellen Punkt für das WM-Diplom zu geben.

-  Nach Ausbreitungslage, besonders auf  20 m, 15 m und 10 m, interessierten DX-Stationen
   
zur Stadion- bzw. später zu der Distriktstation aus Berlin als Diplompunkt zu verhelfen.

-  Mein eigenes Rufzeichen nicht zu nennen, um den § 14 Abs. 3 der AfuV zu respektieren, 
   und (nebenbei erwähnt) nicht zwangsläufig Tausende von eigenen Karten nachdrucken
   lassen zu müssen, um die sich ergebenden Bestätigungswünsche an mich selbst zu erfüllen. 
 
Letzterer Punkt sollte sich als böse Falle und Quelle von Nötigungen erweisen, da fast alle anderen OP´s an den Sonderstationen
bereitwillig ihr privates Rufzeichen und ggf. auch das ihrer Klubstation, von der sie gerade Funkbetrieb machten, bekannt gaben.
Wohl meist in der guten Absicht, den jeweiligen Funkpartnern zur benötigte Anzahl von 200 unterschiedlichen DL-Stationen für
die Stufe Gold zu verhelfen..
Oder auch, um auf diese Weise die Sonderstation-QSO´s für die Beantragung von eigenen privaten Diplomen o. ä. zu nutzen?
Das muss jeder mit sich ausmachen, ob dies funksportlich fair oder sogar Betrug ist! Das ich dies anders handhabte, war vielen
QSO-Partnern nicht nachvollziehbar und wurde im Extremfall von einigen auch als persönlichen Affront gegen sich gewertet und 
daher auch mal gern ein QSO mit Beleidigungen beendet.

Nun zum Funkbetrieb
Der erste von vier zusammenhängenden Tagen, 27. Mai, früh um 03.38 UTC. Es ging los!
Der Plan war, die Bänder von unten nach oben zu nutzen. Also „CQ“- rufen auf 160 m. 

LY2OU stand als erste Station (CW) im Log. Es ging zügig zur Sache und der Plan schien ausgezeichnet zu funktionieren, denn es
standen abends 1000 QSOs im Log, das dann sofort als ADIF-Datei via E-Mail an den Verantwortlichen für DQ2006D, ging.

Im Verlaufe der folgenden Tage wurden die Bedingungen auf allen Bändern schlechter und die QSO-Zahlen sanken kontinuierlich, 
bei gleichem Zeiteinsatz, auf durchschnittlich ca. 250-300 pro Tag.
Unzählige „Sicherheits-QSO´s“, die anrufenden Stationen und mir unnötig die Zeit stahlen, entstanden durch das schlecht geführte
„Online-Log“ der WM-Diplom Seite im Internet.
Bis zu 10 Tagen Rückstand der Aktualisierung bei vielen der 38 Sonderstationen, musste geradezu dieses Verhalten provozieren.
Auch massive Beschwerden über diese „QSO-Information“ und Nachfragen, wann und wo denn welche Sonderstation QRV sind, 
nahmen einen Großteil der zur Verfügung stehenden Aktivitätszeit in Anspruch.

Für die meisten Stationen war es selbstverständlich ihren Namen, das QTH, oft auch die Sendeleistung, Stations- und Antennen-
konfiguration, zu nennen. Was sollte ich mit diesen Informationen, die nach dem nächsten QSO sowieso schon vergessen waren?
Der von mir deutlich erkennbar vorgegebene Betriebsdienst wurde oft konsequent ignoriert.
Dies am Beispiel eines QSO´s, im 40 m-Pile-Up, mit einer deutschen Station verdeutlicht.
Der OP dachte sich wohl, mir einen persönlichen Gefallen zu tun und begann das QSO: 
„Na, da will ich Dir auch mal auch einen schönen Punkt aus dem Ruhrgebiet geben.“
Dann folgte nahtlos eine ausführliche Vorstellung:
“Mein Name ist Uvw-Xyz, ich buchstabiere mal ... (was er dann auch tatsächlich macht!)
Das QTH ist seit 30 Jahren Abc-Dorf, ein kleiner Ort bei xxx, wohin es mich aus Weißichwo verschlagen hat.
Und die Stationsvorstellung ..., ... und ich vertrete den Ortsverband..., ... und das Wetter hier ist derzeit ..., ... “

Mein Hals nahm bedrohlich an Umfang zu und ich wollte schon mal schnell zur Sendetaste greifen um den vier oder fünf, ihr Call
zwischenrufenden Stationen schnell mal einen Rapport zu geben.
Irgendwann geht jedem Redner das Thema aus und er gab nun endlich das (virtuelle) Mikrofon an mich zurück.
Kurzer Dank, Fünf und Neun und der Nächste bitte! Vielleicht hat er im Nachhinein doch noch erkannt, was er falsch gemacht hat?

Andere vermuteten, das Wetter-Informationen (Temperatur und Bewölkungsgrad vor allem) für mich besonderes wichtig wären und
ich diese Informationen exakt ins Logbuch übernehmen würde. Von "Urlauber-Stationen" war derartiges besonders häufig zu hören.

Solche und andere Plauderer mit variabler Thematik sollte ich noch mehr und aus allen Teilen DL´s und OE´s treffen und erleben.
Vermutlich haben am WM-Diplom Interessierte Funkamateure bei Zuhören eines o.g. Beispiels keine Sonderstation als deren
Funkpartner vermutet und suchten weiter das Band ab. DR2006D war für Diese wohl an diesem Tag nicht auf dem Band gewesen!

Bei QSO´s mit DXpeditionen, sollte man diese als Vorbild sehen, kommt so etwas ganz selten vor. 
Man hält sich überwiegend an den Betriebsdienst des DX-Operators, der i.d.R. Split-Betrieb macht. 
In SSB auf 80 m und 40 m wäre mir „Split
-Betrieb“, als in DL beheimatete Station, einfach zu peinlich gewesen.
Also rein ins QRM-Gesplatter und ... Stationen ausgewählt, die bei Nennung des vollen Rufzeichens ins QSB abtauchten.
Auch rief ein "Oscar Foxtrott" der sich, als ein Scherzbold, mit vollem Rufzeichen Delta Oscar Oscar Foxtrott vorstellte!
Die Selbsterkenntnis wurde damit allen Zuhörern zugänglich gemacht! ("Schwarzsenden" ist ja kein strafbares Delikt mehr...)

Auch jede Menge Bösartigkeiten erlebte ich in den insgesamt 9.000 QSO´s  meiner Aktivität unter den Sonder-Rufzeichen.
Es gibt jede Menge DXCluster in Packet Radio und Internet, um besondere Funkaktivitäten zu melden. Fluch oder Segen?
Für mich eindeutig "Fluch"! Sobald mein Call gemeldet wurde, oft nur Sekunden später, wurden die ersten Träger gestellt. 
Auch ins Mikrofon pfeifen, pusten oder daran kratzen war sehr beliebt. Technische Höchstleistungen von fiesenTypen waren dann das
Aufzeichnen von Stationen während ihres Anrufes. Dies wurde dann Minuten oder Stunden später immer wieder als fingierter Anruf
abgespielt. Natürlich, wenn gerade eine andere Station rief und versuchte aufgenommen zu werden.
Wurde diese Aktion von mir tatsächlich als neuer Anruf gewertet, und der angeblich erneute Anrufer über ein mögliches Doppel-QSO
informiert, folgte ein ausgiebiges Gelächter, hektisches schrilles Pfeifen u.ä., als Erfolgsreaktion des wohl sehr kranken Übeltäters.

Wie gut der Ausbildungsstand und der „HAM-Spirit“ im Allgemeinen (weltweit) und im Besonderen (z.B. in DL, Süd- und Osteuropa)
ist, musste von mir in den 22 Tagen in kompakter Form als eine erschütternde Realität zur Kenntnis genommen werden.
Nach 1-2 Minuten CQ-rufen, mit buchstabierter Rufzeichennennung, kam oftmals als die erste Antwort „What is your Call?“
Da fällt einem erst mal nichts zu ein! Also das Rufzeichen noch einmal gaaanz langsam wiederholt und ... keinerlei Reaktion.
Wieder „CQ“ . Darauf neue Anfrage (ohne Call): „Your name please!“. Gerne doch, und ich buchstabiere meinen Namen!
Kann ja nicht alles gewesen sein... Richtig! Noch ´ne Frage: „What is your Homecall?“ Nun reicht es! Wer ist der Fragesteller? 
Also Gegenfrage: „And what is your callsign, OM?“ Keine Antwort!  Ist der anonyme OM nun frech-dreist, provokant oder nur 
neugierig gewesen? Die Lust, erneut „CQ“ zu rufen, sank bei jeder solcher Begegnungen. Meist machte ich dann QSY in den CW-Bereich.
Da kann man, wenn ein Fragezeichen statt des Calls kommt, immer mal als Antwort "5nn tu" geben. Meistens ist dann "Ruhe im Karton". 
Auch wurde gern mal die Frequenz als besetzt reklamiert, obwohl man ja schon zehn Minuten und mehr mit QSO´s präsent war.
Wechselnde Ausbreitungsbedingungen Runden-oder Skedfrequenzen waren in den meisten Fällen nicht die Ursache der Meckerei.
  
Betriebsdienst-Probleme stellten sich
Deutschsprachig oft so dar (nur Beispiel):
Sonderstation: „Bitte die Station mit Delta-Golf-Drei den Suffix wiederholen“.
Antwort: „Delta-Golf-Drei Brubbelbrubbel“ (QSB und zwei Zwischenrufer dabei)
Sonderstation: „Bitte nur die Delta-Golf-Drei, den Suffix bitte!“
Antwort: „DeeGeeDreiBrabbelbrabbel“
Sonderstation: „DeeGeeDrei habe ich ja schon kapiert!  Nur den Suffix, den Suffix bitte“.
Antwort : “Suffix? Was ist denn das?  Hab´ mein Rufzeichen jetzt schon oft genug genannt!“
 
Alles keine Einzelerscheinungen. Das Kurzwellenverbindungen nicht über einen Klingeldraht laufen, bzw. i.d.R. nicht vergleichbar mit
UKW-QSO´s sind, die oft viel einfacher und ohne QRM zu realisieren sind, scheint einigen Gelegenheits-Kurzwellen-Nutzern nicht so
recht bewusst zu sein.


Einige Kritikpunkte an der WM-Aktion aus meiner persönlichen Sicht, auch a.G. von Fragen und Hinweisen von In- und Ausländischen
Funkpartnern auf den Bändern:
  
Diplombedingungen
Fehlende Unterteilung der Regeln für die 3 Diplomstufen in
1. DL
2. Europa
3. DX
schuf eine massive Ungerechtigkeit in der Möglichkeit die höchste Diplomstufe zu erreichen, besonders für DX-Stationen!
Dies wurde häufig (bedauernd) kritisiert und auf eine Diplombeantragung verzichtet. Wer hat sich die Regeln ausgedacht?
  
QSL-Karten
In den Diplombedingungen oder/und auf dem Internet-Portal hätte man darauf hinweisen können das nur EIN QSO, unabhängig von Band
und Mode, für eine Sonderstation mit nur EINER QSL-Karte bestätigt wird.
Dies hätte immense Kosten für QSL-Karten gespart und den peinlichen Spendenaufruf, zur zeitlichen Mitte der Aktion, unnötig gemacht! 
Das keine QSL-Karten an die Sonderstationen geschickt werden sollen wurde auch erst Ende Juni, nach über einem Monat Aktivität der
DQ/DR-Sonderstationen, den QSO-Partnern weltweit über www.amateurradio2006.de bekannt gegeben.

Hätte man Hinweise, die schon vor Gründung des nationalen Organisationskommitees im Juli 2003 an den DARC-Vorstand gingen,
ernsthaft weiter verfolgt, dann wäre eine Finanzierung der Aktion bzw. ein Sponsoring sicherlich etwas einfacher gewesen!
Aber WER ist man denn wenn man Hinweise Unbefugter, dazu noch ohne Funktion und Ehrenamt im DARC e.V., ernst nehmen würde?
Auch eine informative Vorveröffentlichung der geplanten Regeln, vor Beschluss der Diplomausschreibung und Planung der Organisation
des Ablaufes des Events, unter Einbindung der DARC/VFDB-Mitglieder als Ideengeber, wäre dem Zusammenhalt der organisierten
Funkamateure durchaus förderlich gewesen wäre.
Eine „OV-Lösung“ um REgeln zu erstellen ist sicherlich das Einfachste aber sicherlich nicht das Beste, wie sich nun deutlich zeigte.
 
Online-Log
Jede gute DXpedition, mit weniger QSO´s und weltweitem Interesse, schafft es ein täglich aktuelles ONLINE-LOG zu realisieren!
Die Aktualisierung erfolgte mehrfach erst im 10-tägigen Abstand. So organisiert man Doppel- bzw. Sicherheits-QSOs, die auf beiden
Seiten der Funkpartner Frust und Unverständnis bringen.
Dann lieber keine „QSO-Information“ im Internet als solch eine Peinlichkeit, die auf den Veranstalter zurückfällt und die Organisation
sowie die Verantwortlichen stümperhaft erscheinen lässt!
 
Betriebsdienst-Vorbereitung
Das „Betriebshandbuch“ von Thomas Krämer, DL4PY wurde sehr informativ und auch für die „Nicht-DXer“ gut verständlich und
informativ geschrieben. Ihm einen besonderen Dank.  Diese Informationen hätten über die „CQ DL“ im Vorfeld der Aktion  allen
Funkamateuren bekannt gemacht werden sollen und müssen.
Zumindest die wichtigsten Passagen, auch für anrufende Stationen hilfreich, und die zügige QSO-Abwicklung, den QSL-Kartenversand
und die Logbuchführung (welche Angaben sind tatsächlich für das Log und somit die ADIF-Dateien notwendig) betreffend.

Der Passus „Es ist nicht unbedingt notwendig, das eigene Call mit anzugeben. DQ2006- bzw. DR2006 reichen meist als Angabe., negiert
den § 14 Absatz 3 der AfuV vom 15.02.2005! 
Hier hätte ein deutliches Verbot der Nennung des eigenen (privaten) Rufzeichens, zum Zwecke des Loggens zur eigenen Verwendung,
und der des Funkpartners für das Diplom, hinein gehört.

Resumé
Die Aktion des DARC e.V. zur Fußball-WM in Deutschland war und ist dennoch ein Erfolg für die deutschen Funkamateure.
Viele konnten seltene DXCC-Gebiete leichter erarbeiten, als es unter üblichen „normalen“ Call-Bedingungen möglich wäre.
Ausländische Stationen „CQ Deutschland“ rufen, hört man doch eher selten! (HI)

Sich an den QSO-Zahlen zu berauschen, wie es in manchen Veröffentlichungen und Club-Verlautbarungen den Anschein hattte, ist jedoch
nicht angebracht.
TROTZ der beschriebenen, vom Veranstalter selbst organisierten Widrigkeiten, wurden durch die OP´s an den Sonderstationen
hervorragende Leistungen unter Einsatz von viel Engagement, Freizeit, zumeist eigener Technik und der ggf. damit verbundenen
Nebenkosten, erbracht.
„Goldenen Ehrennadeln“ und Auszeichnungen werden meiner Überzeugung nach Diejenigen bekommen, deren Rufzeichen auf der o.g.
Internetseite zu finden sind! Wie groß jedoch deren Engagement oder organisierter Misserfolg in der tatsächlichen Vorbereitung und
Abwicklung war, wird sicherlich nicht die entscheidende Rolle spielen. 

Mit 73 und 55 für die Zeit bis zur Beendigung der Aktion am 16. 07.
und Dank an meine beiden Verantwortlichen DL1BFF und DL7VEE

Horst, DM2FDO/DL0HAM
(DQ2006D und DR2006D)        Statistisches auf der  Homepage von DL0HAM:   http://www.qslnet.de/dl0ham